Das Festival "Globale Mittelhessen" startet am 20. Januar in der Marburger Waggonhalle. "Flucht und Migration" stehen bei der 8. Ausgabe des globalisierungskritischen Festivals im Mittelpunkt. Festival-Initiator Manuel Kästner berichtet von den Programmhighlights und zieht eine Bilanz der bisherigen Veranstaltungen.
EXPRESS: Welche Höhepunkte stehen diesmal bei der Globale auf dem Programm in Marburg?
Manuel Kästner: Einige meiner persönlichen Favoriten des Festivals werden bereits am ersten Wochenende gezeigt. Dies ist unter anderem der Eröffnungsfilm "Les Sauteurs", der mir aus der Sichtung stark in Erinnerung geblieben ist und für den wir mit Abou Bakar Sidibé einen sehr spannenden Gesprächspartner eingeladen haben. Aber auch "Jarkata Disorder" von Ascan Breuer ist ein mutmachender Film über die Slumbewohner Jarkatas, die es schaffen, ihre politischen Interessen zu bündeln und durchzusetzen. Auch unser Familienfilm "Folge meiner Stimme" ist trotz des ernsten Themas wunderschön und erzählt fast märchenhaft die Geschichte eines kurdischen Mädchens, das für ihren Vater kämpft. Wir haben aber auch prominente Filme dieses Jahr an Bord, die auf namhaften Festivals bereits Preise gewonnen haben. Mit "Furusato" zeigen wir einen bildlich sehr eindrücklichen Film zum Thema Fukushima, der Film hat auf der letzten DOK Leipzig die "Goldene Taube" gewonnen. Oder "Fuocoammare", der uns nach Lampedusa geleitet, ist der Gewinnerfilm der Berlinale 2016.
EXPRESS: Was ist das besondere an der Globale?
Kästner: Die Globale Mittelhessen ist ein politisches Filmfestival, welches sich mit globalen Themen und Herausforderungen beschäftigt. Wir zeigen vor allem Dokumentarfilme, wobei wir bemüht sind, mit unserer Filmauswahl eurozentristische Sichtweisen zu durchbrechen und auch Produktionen aus den Ländern im globalen Süden mit in die Auswahl aufzunehmen. Dieses Jahr sind dies zum Beispiel "Boza" aus Tunesien, "The Revolution won't be televised" aus dem Senegal, "Revolution mit bloßen Händen" aus Burkina Faso oder "Trapped by Law" aus dem Kosovo.
Uns ist es wichtig, nicht nur Filme zu zeigen und das Publikum anschließend wieder nach Hause zu schicken. Daher bieten wir im Anschluss an die Vorführungen immer die Möglichkeit für eine Diskussion an, in der die inhaltlichen Aspekte des Films im Mittelpunkt stehen und weniger filmästhetische Fragen diskutiert werden.
EXPRESS: Woher kommt die Idee, ein politisches Filmfestival zu organisieren?
Kästner: Wir haben die Globale nicht erfunden, sie besteht seit 2003 als politisches Filmfestival in Berlin und es gab von Anfang an Nachspieler in unterschiedlichen Städten quer über Deutschland verteilt. Mittlerweile gibt es auch Ableger der Globale in Lateinamerika und Osteuropa.
Alle der beteiligten Gruppen, die bei der Gründung der Globale Mittelhessen mitgewirkt haben, waren Bestandteil der globalisierungskritischen Bewegung und so lag es nah, auch ein Festival hier in der Region zu organisieren. Wir haben lediglich einige Modifikationen vorgenommen und das ganze zu einem regionalen politischen Event gewandelt, welches auch den ländlichen Raum als Ort des politischen Austauschs integriert.
EXPRESS: Wie hat sich das Festival seit der ersten Auflage entwickelt?
Kästner: Die erste Globale Mittelhessen hat 2009 im Juni stattgefunden und wurde damals in vier Orten ausgetragen mit 42 Veranstaltungen. Eigentlich kamen fast jedes Jahr neue Spielorte hinzu, dieses Jahr sind wir an insgesamt zehn Spielorten vertreten mit 66 Aufführungen an 13 Tagen.
EXPRESS: Welche Bilanz ziehen die Festivalmacher?
Kästner: Ich denke, ich spreche da für alle Aktiven der Globale, wenn ich sage, dass wir mit dem bisherigen Verlauf des Festivals sehr zufrieden sind. Auch die stetig wachsenden Zuschauerzahlen, im letzten Jahr konnten wir über 2500 Besucher und Besucherinnen zählen, zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Das Festival hat sich in jedem Fall in der Region als politisches Event etabliert und ist zu einem Bestandteil der politischen Diskussion geworden. Da wir von Anfang an ein sehr offenes Konzept verfolgen, kommen auch immer wieder neue Menschen und Gruppen hinzu, die mit uns das Festival gestalten wollen. Eigentlich sind wir auf jeder Ebene sehr zufrieden.
EXPRESS: Wie ist die Rückmeldung der Besucher?
Kästner: Die Rückmeldungen von den Besucherinnen und Besuchern sind sehr positiv. In den Diskussionen freuen wir uns meistens über eine gute Beteiligung aus dem Publikum und auch in den persönlichen Feedbacks, die an Einzelne von uns in Gesprächen herangetragen werden, besteht ein positiver Tenor.
Die Wirkung eines politischen Festivals ist dagegen nur schwer feststellbar, da wir keine fest eingegrenzte und greifbare Zielgruppe ansprechen. Dieses Jahr werden Studierende der Uni Marburg sich erstmals an diese Aufgabe heranwagen und versuchen, die Wirkung des Festivals zu erforschen.
Interview: Georg Kronenberg