Seine Bescheidenheit habe sie tief beeindruckt, erzählen Markus Becker und Klaus Kächler. Für ihre Biografie über Tom Mutters haben sich die beiden Journalisten regelmäßg zum Café mit Tom Mutters und seiner Frau im Haus des Lebenshilfe-Gründers getroffen.
2008, bei der Feier zum 50-jährigen Bestehen der Lebenshilfe in Marburg hatte Becker Tom Mutters kennenlernt und war sofort eingenommen von dem Pädagogen. 2013 besuchten Becker und Kächler dann Mutters, um eine Porträt ihn zu schreiben, dabei reifte die Idee zu einer Biografie über den Mann, der 1958 in Marburg die Bundesvereinigung Lebenshilfe gründete. "Für Millionen Menschen war Tom Mutters ein echter Held", sagen die Autoren.
Denn durch seine Visionen und seinen unermüdlichen Einsatz für Menschlichkeit und Toleranz habe Mutters Menschen mit Behinderung eine Stimme gegeben und dafür gesorgt, dass sie einen Platz in der Gesellschaftfanden lange bevor der Begriff Inklusion Eingang in die Politik gefunden habe.
Tom Mutters erlebte zwei Weltkriege, versteckte mit seiner Familie in Amsterdam während der deutschen Besatzung jüdische Freunde und war in der jungen Bundesrepublik für die Vereinten Nationen tätig. Als UNO-Beauftragter für "Displaced Persons" so der Ausdruck für Zwangsarbeiter, KZ-Häftlinge und andere Menschen, die von den Nazis verschleppt worden waren hatte Tom Mutters in der Nachkriegszeit das Elend geistig behinderter Kinder in den Lagern kennengelernt.
Gemeinsam mit betroffenen Eltern gründete der niederländische Pädagoge dann 1958 in Marburg die Bundesvereinigung Lebenshilfe. Damit setzte er eine enorme gesellschaftliche Veränderung in Gang. Der Niederländer, "Tom, der Gründer" genannt, wurde über Jahrzehnte zum Motor der Lebenshilfe. In den Anfangsjahren reiste er kreuz und quer durch die Republik und brachte die Lebenshilfe-Botschaft in jeden Winkel des Landes: Menschen mit sogenannter geistiger Behinderung gehören ohne Wenn und Aber dazu. Sie sind ein wertvoller Teil der Gesellschaft sie brauchen nur mehr Unterstützung als andere.
Tom Mutters brachte den Selbsthilfe-Gedanken auch in andere Länder: nach Indien, Afrika und Osteuropa. Mit Unterstützung der Lebenshilfe schlossen sich dort Eltern behinderter Kinder zu vergleichbare Vereinigungen zusammen. Zudem hatte Mutters 1965 maßgeblichen Anteil an der Gründung der ZDF-Fernsehlotterie "Aktion Sorgenkind", die heute "Aktion Mensch" heißt und vorrangig Projekte für Menschen mit Behinderung fördert.
Mutters hat die Lebenshilfe über Jahrzehnte geprägt und begleitet. Er hat Menschen mit Behinderung und ihren Angehörigen zu einem ganz neuen Selbstbewusstsein verholfen.
Auf der Grundlage der persönlichen Gesprächen mit dem im Februar 2016 im Alter von 99 Jahren verstorbenen Tom Mutters, seiner Frau Ursula und vielen Wegbegleitern zeichnen Markus Becker und Klaus Kächler in ihrer Biografie den Weg Mutters nach, dessen Vision aus den 1950er-Jahren sich heute in der UN-Behindertenrechtskonvention widerspiegelt. Die Biografie enthält Zeitdokumente sowie exklusive Fotos, die einzigartige Einblicke in ein fast 100-jähriges Leben gewähren.
Markus Becker ist als Lokalredakteur im MAZ Verlag für die Region Marburg verantwortlich. Klaus Kächler ist er Chefredakteur im MAZ-Verlag.
Es beginnt in einer turbulenten Herbstnacht des Jahres 1976 und gelangt an einem eiskalten Januarmorgen des Jahres 2009 zum Stillstand. Der Laubacher Schriftsteller Seep Jakobs hat in seinem neuen Buch "Kommen und Gehen" ein Dutzend Prosastücke in vier Flure unterteilt. "Würde man auf jeder Schwelle lauschen, hätte man vor dem ersten Flur den Eindruck, dass dort junge Leute zugange sind, und vor dem vierten, dass hier welche wohnen, die ein Lied von der Lädiertheit singen können", sagt Autor Jakobs: "Und dazwischen? Liegen das Quartier der Vorfreude, die keine Ankunft verträgt, und die Männerstation, auf die sich immerhin ein Kind verirren darf."
An jedem Eingang öffnet sich eine eigene Perspektive: Dem humoristischen Rückblick auf den orientierungslosen Trubel der Jugend folgen minutiös beobachtete Szenen mit gealterten Berufstätigen, deren Alltag manche Desillusionierung, aber auch Stunden eines Gegenglücks zu bieten hat. Flur für Flur, Zimmer für Zimmer umkreisen die Erzählungen ein zentrales Thema des Autors, das lebenslange Drama der Adoleszenz. Und wenn kurz die Utopie einer zweckfreien Existenz aufscheint, ist sie mit der Idee uneingeschränkten Spielens verbunden, das auch Kunst genannt wird.
Zeichnerin Bärbel Busch aus Schwollen hat den kurzweiligen, intelligenten Geschichten wunderbar passende Bilder zur Seite oder entgegengestellt, deren Spanne in der ihr typischen Wendigkeit von der feinfühligen Veranschaulichung eines Details bis hin zur grotesken Überzeichnung einer Figurenkonstellation reicht.
"Kommen und Gehen" ist das erste Buch, der "edition buschwerk". Als Verlegerin der neu gegründeten edition hat Zeichnerin Busch den gesamten Band gestaltet und die Veröffentlichung realisiert. Seep Jakobs und Bärbel Busch legen mit diesem Werk freilich bereits ihre dritte gemeinsame Publikation vor. Zuvor hatten sie in Wort und Bild bei einer Geschichtensammlung (Der Lawinenschrank, 2003) und einem Band mit Tiergedichten (Bin kein Schießer, bin kein Fleischer, 2006) zusammengearbeitet.