Editorial | 8. Mai 2014

In ihren Lebenserinnerungen

Nairuko Tingisha – Mobilität als traditionelle Überlebensstrategie – Foto: Thomas Gebauer

... erzählt die siebzig Jahre alte Nairuko Tingisha von vielen Aufbrüchen und Wanderungen auf der Suche nach besseren Weidegründen für die Viehherden ihrer Familie und ihres Dorfes. Kenntnisreiche Erfahrungen, die genaue Beobachtung der Natur in der Umwelt ihrer Heimat, der Maasai Mara in Kenia, und das Wissen, wann der richtige Zeitpunkt für ein aufwendiges Weiterziehen ist, sind nicht nur in der Überlebenskultur ihres Volkes, der Maasai in Ostafrika bedeutungsvoll.

Für viele Menschen in Afrika ist Migration eine traditionelle Lebensweise, mit der sie sich neue Handlungshorizonte und Überlebensperspektiven eröffnen. Dabei hat die Mehrheit aller AfrikanerInnen in Flucht- und Migrations­bewegungen nicht die Absicht, ihren Kontinent zu verlassen.

Insgesamt leben nach Expertenschätzungen nur drei Prozent aller Afrikaner­Innen als MigrantInnen außerhalb ihres Geburtslands. Die wenigsten von ihnen wollen nach Europa.

Das Hamburger WeltWirtschaftsinstitut (HWWI) schätzt die Zahl der Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus in der gesamten Europäische Union (EU) auf gerade mal 2,8 bis 6 Millionen Menschen – während die EU-Kommission von 4,5 bis 8 Millionen Menschen spricht.

Menschen fliehen vor Verfolgung, politischer Unterdrückung, Krieg, Gefahr für Leib und Leben und zunehmend auch vor Lebensumständen, die aufgrund des weltweiten Klimawandels keine gesicherte Existenz mehr zulassen. Es ist Zeit für eine veränderte Flüchtlings- und Migrationspolitik.

Thomas Gebauer