Express: Aus einem Niddarer Faschingsumzug wird buchstäblich eine Mordsgeschichte. Stehst Du mit Mittelhessens Spaßkultur auf Kriegsfuß?
Dietrich Faber: Nein. Mein Buch ist auch keine Abrechnung mit Fasching. Ich habe überhaupt nichts gegen Fasching oder Mittelhessens Spaßkultur. Was mich für den Roman interessiert hat ist, dass ich immer mal wieder mitbekomme, dass rund um die Organisation von hiesigen Faschingsveranstaltungen eine unglaubliche Ernsthaftigkeit herrscht. Da habe ich schon so meine Erfahrungen gemacht, mit welchem Bierernst etwa Leserbriefe geschrieben werden, wenn die Faschingsveranstaltung von Verein A nicht in der Zeitung erschienen ist, die von Verein B aber schon.
Diese Fallhöhe fand ich sehr gut für den Roman.
Express: Der Hauptdarsteller ist in etwa Dein Jahrgang: Zufall / Absicht? Gibt's da irgendwelche Übereinstimmungen, vielleicht auch bei anderen Charakteren, die einem in Mittelhessen bekannt vorkommen könnten?
Faber: Henning Bröhmann bin nicht ich. Ich habe einen Sohn im Alter von Bröhmanns 14-jähriger, pubertierender Tochter. Aber das ist auch die einzige Übereinstimmung. Sich Dietrich Faber in der Rolle eines Kommissar vorzustellen, hätte mich gelangweilt. Es hat mir viel mehr Spaß gemacht, eine ganz eigenständige Figur zu schaffen, die natürlich auch Seiten von mir hat, das bleibt ja nicht aus , aber in manchen Bereichen komplett anders tickt.
Mir hat das Schreiben besonderen Spaß gemacht, als ich mit der Geschichte an dem Punkt angekommen war, wo ich dachte, "jetzt kenne ich so langsam den Charakter von Henning Bröhmann":Einem Kommissar, der in seinen Job eigentlich nur reingerutscht ist, antriebslos in Selbstmitleid schwelgt, aber neben familiären Tiefschlägen einen Mordfall lösen muss. Das zu beschreiben hat mich gepackt.
In dem Roman sind aber keine realen Personen, keine Vorbilder aus Gießen oder der Region wiederzuerkennen. Das war überhaupt nicht mein Ansatz.
Express: Wie kommt man als Kabarettist ausgerechnet zum Krimi?
Faber: Es war weniger der Krimi sondern vielmehr die Lust, etwas Neues auszuprobieren. Wir haben mit "Faberhaft Guth" fast 15 Jahre rund 100 Mal pro Jahr auf der Bühne gestanden. Das wurde mir, aber auch Martin, zu viel.
Bei der Suche nach einem neuen Projekt kam ich dann ganz schnell auf einen Roman und habe mich gefragt, was für ein Buch ich gerne lesen würde. So hatte ich die Idee zu einer Kombination aus Krimi und Familiengeschichte. Ich hatte mir aber überhaupt keine Gedanken darüber gemacht, ob sich so eine Geschichte auch verkaufen lässt. Das mag man mir jetzt glauben oder nicht. Ich hatte keinen Masterplan, keine Zeitvorgabe, in der ich das Buch schreiben wollte, natürlich auch keinen Verlag. Mir war auch gar nicht bewusst, dass Regionalkrimis zur Zeit angesagt sind.
Es war letztlich absolutes Glück, dass ich mir ein sehr gefragtes Genre ausgesucht habe.
Express: Dann hast Du rund ein Jahr geschrieben...
Faber: ... Während mein normaler Job so weiter lief. Als Kabarettist hat man natürlich den Vorteil, dass man sich die Zeit etwas flexibler einteilen kann, als in einem gewöhnlichen Job. Sich auch mal drei Tage in ein Ferienhaus zum Schreiben zurückziehen kann.
Express: Kommt der Kabarettist dem Autor ins Gehege?
Faber: Ich wusste natürlich: Ich kann Dialoge schreiben, ich kann humoristisch schreiben und ich kann Glossen schreiben. Weil ich das in meinem Beruf schon häufig genug gemacht habe. Was ich nicht wusste war, ob ich eine Geschichte entwickeln kann oder einen Roman mit einem Spannungsbogen, der nicht nur witzige, sondern auch ernste Elemente hat. Ich wollte mit dem Buchprojekt ja wie gesagt etwa Neues probieren und keine Comedy-Figuren erschaffen, sondern real wirkende Charaktere.
Beim Schreiben habe ich dann festgestellt, dass sich der Kabarettist in mir dafür schon ein gutes Stück zurücknehmen muss, damit es nicht zu satirisch und kein Comedy-Buch daraus wird.
Ich habe dann auch das Feedback bekommen, dass ich mehr meiner Geschichte vertrauen und nicht dauernd Gags reißen muss, wie man es von der Bühne her kennt. Das ist mir am Anfang schwergefallen.
Express: Du warst im Januar mit dem Manuskript fertig und plötzlich ging alles ganz schnell ...
Faber: Was dann passiert ist, habe ich buchstäblich mir in meinen kühnsten Träumen nicht vorstellen können. Als ich fertig war, wollte ich bei einer Literatur-Agentur unterkommen, weil die die richtigen Ansprechpartner in den Verlagen kennen. Mein Ziel war ja erstmal, dass das Buch irgendwo verlegt wird. An größere Verlage habe ich dabei gar nicht gedacht.
Dann habe ich völlig überraschend, innerhalb von zwei Tagen die Zusage von einer der größten deutschen Literaturagenturen bekommen. Ich war total begeistert, schließlich hatte ich mich darauf eingestellt, dass ich vier bis sechs Wochen warten muss, bis ich von der Agentur etwas höre. So, wie es auf deren Homepage stand.
Mein Agent ist mit dem Manuskript los und hat mich tatsächlich innerhalb der nächsten drei Tage immer wieder angerufen und mitgeteilt, welche namhaften Verlage alles Interesse haben. Das war endgültig der Moment, in dem ich gedacht habe, "träume ich jetzt?".
Die Situation hatte sich völlig umgedreht. Erst ging es mir darum, überhaupt einen Verlag zu finden und ganz plötzlich konnte ich mich vor Angeboten kaum retten.
Express: Jetzt kommt das Buch bei Rowohlt raus, wird von dem Verlag als so genannter "Spitzentitel" stark beworben. Wie viele Fälle für Kommissar Bröhmann sind in Planung?
Faber: Ich schreibe gerade am zweiten Fall. Mein Vertrag läuft über zwei Bücher. Aber jetzt muss sich natürlich beweisen, ob die Leser meine Geschichte auch so spannend finden. Das ist das Entscheidende.
Express: Wie geht's mit dem Kabarett-Duo "Faberhaft Guth" weiter?
Faber: "Faberhaft Guth" wird weiter auf Tour sein, allerdings etwas seltener. Wir planen für nächstes Jahr auch ein Bandprojekt, etwas was wir seit langer Zeit machen wollten. Auf dieses neue Projekt freuen wir uns sehr!
Interview: Georg Kronenberg