Es ist der größte Veruntreuungsfall in der Geschichte der Stadt Marburg: 13 Jahre lang hat ein städtischer Verwaltungsbeamter Steuergelder in die eigene Tasche gesteckt. Rund 1,5 Millionen Euro schätzt die Stadt. Von mehr als 650000 Euro spricht die Staatsanwaltschaft allerdings nur, weil die Unterschlagungen aus der Zeit vor 2006 strafrechtlich verjährt sind. Seit dem 9. Februar untersucht ein Akteneinsichtsausschuss den Fall. Die Grundfrage: Wie war es möglich, dass ein Mitarbeiter über so viele Jahre unentdeckt Geld unterschlug?
Eine Ursache liegt wohl in der Person des Beamten, ein bis dahin angesehener Bürger mit vielen Ehrenämtern. So war er Vorsitzender einer Stadtteilgemeinde und Mitglied eines Kirchenvorstandes. "Der hat uns immer mit seinen Bibelsprüchen genervt", erzählt ein Kollege. "Das ist eine große menschliche Enttäuschung", sagt Oberbürgermeister Egon Vaupel (SPD): "Dass Vertrauen so missbraucht wird, konnte ich mir nicht vorstellen."
Der Beamte hatte eine Vertrauensstellung inne. Er allein bearbeitete die so genannten Beihilfen für städtische Beamte, erstattete also die Krankenkosten. Weil es dabei um sensible Krankendaten handelte, wurden die Vorgänge kaum kontrolliert. Ein zweiter Beamter prüfte lediglich Summen, Haushaltsstelle und Haushaltsjahr. Wer etwas wofür bekam, blieb im Dunkeln.
Dass der Fall nun aufflog, ist einer aufmerksamen Mitarbeiterin der Stadtkasse zu verdanken. Weil es einen Zahlendreher bei einer Überweisung gegeben hatte, fiel ihr eine Sammelliste mit Beihilfe-Überweisungen in die Hand. Und da hatte der Beamte sich einen hohen Betrag selbst überwiesen, obwohl er in diesem Zeitraum gar nicht krank gewesen war. Das könnten auch Krankenkosten für die Familie sein, gab der Leiter der Stadtkasse zu Bedenken. Er wartete den nächsten Monat ab, wo sich der Vorgang wiederholte. Der "Millionendieb", wie ihn Georg Fülberth von der Marburger Linken nennt, flog auf.
Der Beamte wurde sofort suspendiert, sein Büro durchsucht. Vor der Staatsanwaltschaft legte er ein umfangreiches Geständnis ab. Sprecherin Annemarie Wied geht davon aus, dass in den nächsten Wochen Anklage erhoben wird. Bei einem Prozess rechnet sie mit einer mehrjährigen Freiheitsstrafe. Bewährung sei angesichts der zahlreichen Veruntreuungsfälle nicht zu erwarten.
Den sichtlich geschockten Oberbürgermeister trifft der Fall mitten im Wahlkampf. Allerdings reagiert die Opposition bislang zurückhaltend. Die Kontrolle der Beihilfeanträge wurde nämlich schon unter dem früheren CDU-Oberbürgermeister Dietrich Möller faktisch abgeschafft. Seit Januar 1997 ist nur noch ein Beamter für die Beihilfen zuständig. Vorher wurden die Belege von zwei Mitarbeitern geprüft. Deswegen sieht Georg Fülberth von der Marburger Linken einen Grund für den Kriminalfall im Personalmangel bei der Stadt. Auch das Rechnungsprüfungsamt habe offensichtlich nicht aufgepasst.
Denn auch die weniger geschützten Daten wurden offenbar kaum kontrolliert. Eine Prüfung sei jetzt geplant gewesen, sagt Vaupel. Trotz dieser Ankündigung wirtschaftete der Beamte weiter in die eigene Tasche. Die interne Aufklärung leitet nun der Chef des Marburger Rechnungsprüfungsamtes, der erst seit sechs Monaten im Amt ist. Die Stadtverordneten wollen wissen, welche Kontrollmechanismen es gegeben hat: "Wie kann es sein, dass ein Sachbearbeiter seine eigenen Beihilfeanträge bearbeitet?", fragt Wieland Stoetzel von der CDU.
Und natürlich wird es auch um den Schaden für die Stadt gehen: Teure Autos und Wertgegenstände im Haus des Beamten wurden bereits gepfändet. Vaupel hofft auf Gelder aus einer Versicherung gegen Vermögensschäden. Dass die komplette Summe gesichert wird, ist aber nicht zu erwarten. Einen Großteil des Geldes hat der Mann offenbar schlicht verprasst. Seiner wohl ahnungslosen Familie hatte er gesagt, dass er im Lotto gewonnen und Zusatzeinnahmen durch Gutachten habe.
Einen Nachfolger wird der suspendierte Beamte nicht haben: Vaupel hat die Bearbeitung der Beihilfen an die Kommunale Versorgungskasse in Kassel abgegeben.
Der heimische Fernseher wird zum Media-Center. Mit modernen Systemen kann man Fotos und Videos ansehen, Musik hören, E-Mails schreiben oder im Internet surfen. Die alte Fernbedienung reicht nicht mehr aus, um die vielen Funktionen zu steuern. Und eine herkömmliche Computertastatur lässt sich nicht bequem auf der Couch nutzen. Mittlerweile gibt es handliche Tastaturen, deren Schwachstelle allerdings die integrierte mechanische Maus ist. Staub und Schmutz beeinträchtigen nach einer Weile die Funktionsfähigkeit, und die Steuerung mit dieser Technik ist nicht präzise genug.
Gerrit Rindermann hat deshalb in seiner Bachelorarbeit an der Fachhochschule Gießen-Friedberg eine Maus entwickelt, die im Prinzip berührungsfrei optisch gesteuert wird. Basis ist ein auf dem Markt befindlicher optischer Sensor, der mit Infrarotlicht arbeitet und dreidimensionale Bewegungen erkennt. Bisher wurde das Bauteil in der Automobilindustrie verwendet, zum Beispiel als Regensensor in der Frontscheibe, der automatisch den Scheibenwischer aktiviert, oder als Warnsystem, das Signale gibt, wenn das Fahrzeug die Spur verlässt.
Kooperationspartner des Projekts ist die in Gießen ansässige Firma Ecomal Deutschland, die europaweit elektronische und elektrotechnische Bauelemente vertreibt. Gerrit Rindermann konzentrierte sich in seiner Arbeit, die am Fachbereich Mathematik, Naturwissenschaften und Datenverarbeitung mit der Note sehr gut bewertet wurde, auf die Erstellung der Software, durch die der Sensor die Gesten des Benutzers in Steuerungssignale für die Maus übersetzt. Mit Kreisbewegungen des Daumens lässt sich so zum Beispiel die Lautstärke regulieren, mit Wischbewegungen kann die Musik- oder Filmsammlung durchgeblättert werden so ähnlich, wie man das vom iphone her kennt. Bildausschnitte lassen sich durch den Abstand des Daumens von der Sensoroberfläche vergrößern oder verkleinern, berichtet der 23-jährige Informatiker.
Das Sensorsystem arbeitet ohne jegliche Mechanik und ist daher verschleißfrei. Es erkennt Bewegungen durch geschlossene infrarotdurchlässige Oberflächen hindurch. Auf Fremdlicht wie zum Beispiel eine starke Sonneneinstrahlung reagiert es nicht.
Eine vielversprechende Entwicklung: Verschiedene Unternehmen haben bereits Interesse gezeigt, den von ihm entwickelten Prototypen zu testen. Darunter sei eine Firma aus der Medizintechnik, für die eine berührungslose Steuerung nützlich ist, weil sie so Sterilitätsanforderungen erfüllen könne, erläutert Rindermann. Ein weiterer Interessent wolle das System für eine vandalismussichere Steuerung einsetzen.
Gerrit Rindermann, dessen Arbeit von Prof. Klaus Wüst und Michael Kreutzer am FH-Institut für Technik & Informatik betreut wurde, hat mittlerweile ein Masterstudium der Informatik an der Freien Universität Berlin begonnen.