Express Online: Thema der Woche | 18. Juni 2009

Die "Pol-Ente" im Museum

In Marburg gibt es eine filmreife Sammlung von Polizei-Oldtimern

Die Isetta mit ihren zwölf PS ist der Liebling des Marburger Polizei-Motorsport-Clubs. "Polizei" steht auch auf der Fronttür des eigenwilligen Gefährts. Und tatsächlich wurde die grün lackierte "Knutschkugel" in den 60er Jahren von Schutzmännern auf dem Land auf dem Weg zu Einbrüchen und Unfällen gesteuert. Dass die Beamten jedoch einst mit "Pol-Enten" (Citroen 2CV), Trabbis, Fiats oder Vespas zu den Tatorten tuckerten, lässt nur das Deutsche Polizeioldtimer Museum in Marburg vermuten. Ein paar Jux-Autos haben die Freunde der Polizeioldtimer nämlich auch unter die echten grün-weißen Vehikel gemischt. Mehr als 70 ausrangierte Polizeiautos gibt es in der ungewöhnlichen Ausstellung zu sehen, die einmal im Monat in den ehemaligen Bundeswehrhallen im Marburger Stadtteil Cyriaxweimar ihre Tore öffnet.

Die Polizisten Hans-Peter Kaletsch und Hans-Heinrich Menche gehören zu den Gründern der einzigartigen Sammlung. Bereits seit den 90er Jahren sammelt der Polizei-Motorsport-Club Marburg Oldtimer. In Tausenden von Arbeitsstunden wurden die Karossen so hergerichtet, dass sie jederzeit starten können. Die Polizeioldtimer sind nämlich nicht nur im Museum zu sehen. Sie starten auch auf Hessentagen, Umzügen und haben bereits in zahlreichen Kriminalfilmen mitgewirkt.

Jüngster Auftritt: In dem Filmdrama "Der Baader-Meinhof-Komplex" sitzt Kaletsch gemeinsam mit seinem Kollegen Jürgen Diehl bei der Baader-Festnahme in einem passenden VW 412: "Da bin ich ungefähr eine 3000stel Sekunde zu sehen", erzählt Kaletsch. Außerdem fährt er kurz vor der Explosion im Augsburger Polizeipräsidium um die Ecke. Am Set Schnappschüsse von Moritz Bleibtreu oder Martina Gedeck zu machen, war den Komparsen aus Marburg allerdings streng verboten.

Für authentisches Ambiente sorgten die ausgemusterten Polizeiautos mit den Marburger Beamten auch schon in zahlreichen Tatorten, in Filmen über die Oetker-Entführung oder den Fall der Lebedame Vera Brühne. Als die Lebensgeschichte von Gerd Bastian und Petra Kelly verfilmt wurde, saßen sie einem Daimler-Benz-Wasserwerfer, Baujahr 1974. Die ganze Nacht wurde die Szene um die Blockade des US-Depots in Mutlangen gedreht.

Dass die Marburger so viele Oldtimer sammeln konnten, liegt nicht nur an der Begeisterung der Polizei-Motorsportfreunde. Schon seit Jahren sorgt ein Erlass dafür, dass alle älteren Dienstfahrzeuge aus dem Bestand der hessischen Polizei dem Marburger Motorsportclub angeboten werden müssen. Andere Bundesländer schlossen sich mit Brauch an.

Einmal im Monat können Besucher die alten Polizeifahrzeuge im Museum bewundern. Der einst meistverwendete Streifenwagen aus den 60er- und 70er Jahren war der VW Käfer, an dessen Manko sich Menche noch intensiv erinnert: In den Käfer mit seinen zwei Türen konnte man Gesetzesbrecher kaum hineinbugsieren, wenn sie renitent wurden. Viel benutzt wurden auch die VW-Busse, die als Mannschaftswagen oder Gefangenentransporter dienten.

Aus dem Bestand der hessischen Polizei stammen viele Opel – etwa ein Kapitän, in dem meist die Polizeiführer saßen. Ein Unikat ist die fahrbare Fernmeldeleitstelle von 1952, die mit Fernschreiber, Funkanlage und Lautsprechern hauptsächlich bei Demonstrationen eingesetzt wurde. Auch das letzte Amphibienfahrzeug Hessens, in dem noch bis zum Jahr 2000 die Segler und Angler am Edersee kontrolliert wurden, findet sich im Museum. Dazu kommen ein gepanzertes Begleitschutzfahrzeug für Geldtransporte und ein originaler Wartburg der Volkspolizei der Ex-DDR.

Die Polizisten freuen sich vor allem über die Reaktionen der Besucher. Kaletsch: "Wenn man diesen Fahrzeugen um die Ecke kommt, hat man alle Leute auf seiner Seite."

Die nächsten Öffnungstermine des Polizeioldtimer Museums: 21. Juni, 23. August, 13. September und 18. Oktober, jeweils von 11 bis 17 Uhr in Marburg-Cyriaxweimar. Weitere Informationen: www.polizeioldtimer.de

Gesa Coordes


Express Online: Thema der Woche | 18. Juni 2009

Die Uni will wieder tanzen

Weg mit den alten Zöpfen: alles neu beim Uni-Sommerfest 2009 am 4. Juli in Rauischholzhausen

Für Studierende war das noble Sommerfest der Justus-Liebig-Universität auf Schloss Rauischholzhausen schon immer ein teurer Spaß – weshalb sie dort auch jedes Jahr klar in der Unterzahl waren. Vergangenes Jahr ist das Sommerfest mangels Besucherinteresse dann ganz ausgefallen. Für die diesjährige Fete am 4. Juli wurde das Konzept deshalb von Grund auf renoviert. Was sich alles geändert hat, berichten Uni-Vizepräsident Joybrato Mukherjee und Theaterwissenschaftler Oliver Behnecke, der die Fete 2009 künstlerisch betreut.

Express: Studierenden war das Fest in der Regel zu teuer. 2008 haben dann auch die anderen Besucher keine Lust mehr, nach Rauischholzhausen zu fahren. Hat sich das Sommerfest überlebt?
Mukherjee: Nein, das glaube ich nicht. 2008 ist eine Vielzahl von Faktoren zusammengekommen. Ein wesentlicher Faktor war, dass der Termin des Fests für viele Interessierte sehr ungünstig in den Ferien lag.
Zum Eintrittspreis: Wir wollen, dass das Fest eine Veranstaltung für alle ist. Das heißt, dass der Eintritt natürlich für alle Gruppen an der Uni erschwinglich sein muss. Deshalb haben wir dieses Jahr auch eine ganz neue Preisstruktur eingeführt, bei der Studierende deutlich weniger zahlen als Professoren. Außerdem bieten wir dieses Jahr auf Anfrage auch einen Bus-Shuttle-Service an. Gerade für Studierende ohne eigenen PKW war es immer ein Problem, dass Rauischholzhausen weiter weg von Gießen liegt.

Express: Was hat sich beim Kulturprogramm geändert?
Behnecke: Es gibt einen dramaturgischen Bogen mit einem Wechselspiel von musikalischen Beiträgen – auch während des Buffets. Und es wird unterhaltsam Wissen vermittelt: Passend zum Geburtstag des Botanischen Gartens wird der wissenschaftliche Leiter Prof. Volker Wissemann die Gäste mit dem kurzen Vortrag "Man möchte Gärtner sein ..." unterhalten.

Express: Wer tritt im Musikprogramm auf?
Behnecke: Für die musikalische Vorarbeit haben wir die "Marching Bandits" engagiert. Die insgesamt 20 Blechbläser, Holzbläser, Trommler, Sänger und Tänzer werden mit ihrer "Musik in Bewegung" immer wieder aus dem Park und dem Schloss auftauchen.
Erstmals dabei ist auch die Band "Blue in Green" mit der Sängerin Judith Erb, die zunächst während des Buffets mit Jazz-Klassikern und Popsongs für Atmosphäre sorgen wird und später Pop-, Party- und Soulklassiker zum Tanzen spielt.
Um ein studentisches Publikum anzusprechen, haben wir diesmal den aus der Gießener Szene bekannten DJ Robcut eingeladen, der in der Schlossdisco Discoclassics, House und Funk auflegt.

Express: Mit wie vielen Besuchern rechnen sie?
Mukherjee: Wir wollen an die gute Tradition bis 2007 anknüpfen und hoffen auf 300 bis 400 Gäste. Nach dem bisherigen Stand der Anmeldungen ist das nicht unrealistisch.

Das Sommerfest beginnt am Samstag, 4. Juli um 18.30 Uhr, Schloss Rauischholzhausen. Studenten zahlen 19 Euro Eintritt, alle anderen Besucher 39 Euro oder 59 Euro (freiwilliger Unterstützerpreis, wenn Gäste die niedrigen Studentenpreise sponsern wollen). www.uni-giessen.de/sommerfest

Interview: Georg Kronenberg

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