Express Online: Editorial | 26. Februar 2009

Wiederholungstäter

Wie kompensiert man fehlende politische Ideen, wenn man als Jungpolitiker möglichst schnell auf der Karriereleiter nach oben kraxeln möchte? In der Jungen Union offenbar durch Beleidigungen und die Herabwürdigung sozial Schwacher.

Wie anders lässt es sich erklären, dass Philipp Mißfelder immer noch JU-Vorsitzender ist. Zur Erinnerung: bereits 2003 hat der damals 23-Jährige mit der Äußerung, "Ich halte nichts davon, wenn 85-Jährige noch künstliche Hüftgelenke auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen", provoziert. Eine kalkulierte Frechheit, mit der der völlig unbekannte Chef der CDU-Nachwuchsorganisation in die Schlagzeilen kommen wollte – und kam.

Inzwischen sitzt Mißfelder im Bundestag und hat es Ende 2008 sogar ins Parteipräsidium der CDU geschafft – als jüngstes Mitglied. Das hat aber keiner so recht wahrgenommen, und deshalb hat er jetzt auf gewohntem Niveau nachgelegt – und die Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze als "Anschub für die Tabak- und Spirituosenindustrie" bezeichnet. Die Beleidigung hat den erhofften Effekt: er steht – zumindest kurz – wieder im Rampenlicht.

Höchste Zeit, sollte man meinen, dass seine Kolleginnen und Kollegen im CDU-Präsidium – also Angela Merkel, Christian Wulff und Co. – Mißfelder zur Ordnung rufen. Und klarmachen, dass niemand ins oberste Führungsgremium der CDU gehört, der mit der Herabwürdigung von sozial Schwachen oder Minderheiten politisch weiterkommen will. Aber Moment: Roland Koch, der mit den Kampagnen gegen die doppelte Staatsbürgerschaft und kriminelle jugendliche Ausländer, sitzt ja auch seit Jahr und Tag im CDU-Präsidium ...

Georg Kronenberg

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