Express Online: Thema der Woche | 28. August 2008

"Astro-Virus" im Burgwald

200 Hobby-Astronomen beim Amateur-Teleskoptreffen

Das einsam gelegene Hochplateau im Burgwald unweit von Marburg ist für die Hobby-Astronomen perfekt. "Da kann man zehnmal so viele Sterne sehen wie in Frankfurt", versichert Organisator Manfred Velte von der Astronomie-Gruppe Lahn-Eder. Noch bis zum 31. August ist der Grillplatz unweit des 210-Einwohner-Dorfes Hertingshausen ein Mekka der Sterngucker. Rund 200 Astronomen aus ganz Deutschland und dem europäischen Ausland sind zum sechsten Amateur-Teleskoptreffen in den Burgwald gekommen. Teleskope in allen Größen und Formen beherrschen den Ort beherrschen – Manche sind sogar nur mit einer Leiter zu erreichen.

Der Platz ist mit Bedacht gewählt. Auf dem 370 Meter hohen Plateau gibt es nämlich nicht nur gute Sicht in alle Himmelsrichtungen. Im Burgwald gibt es auch wenig "Lichtverschmutzung". Dort ist der Himmel nachts dunkler als anderswo. Hertingshausen liegt am Ende einer Sackgasse. Weder Autoscheinwerfer noch Disko-Beamer stören die Astronomen. Der örtliche Bürgermeister hat sogar zugesagt, die Straßenlaternen früher abzuschalten. "Das menschliche Auge braucht eine halbe Stunde, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen", erklärt Velte. Jeder Blick in weißes Licht macht die Gewöhnung wieder zunichte. Deshalb sind nachts auch Handys, Feuerzeuge und Taschenlampen auf dem Treffen verboten. Neumond ist ohnehin.

Sofern keine Wolken aufziehen, bringen die Hobby-Astronomen ihre Nächte damit zu, ungestört den Sternenhimmel zu beobachten. Die Milchstraße lässt sich an diesem Ort mit bloßem Auge erkennen. Selbst für die 2,5 Millionen Lichtjahre entfernte Andromeda-Galaxie braucht man im Burgwald kein Teleskop, sagt Velte. Trotzdem sind Hunderte von Fernrohren vor den Zelten aufgebaut. Mannshohe Teleskope geben den Blick auf Uranus und Pluto frei. "Zum ersten Mal das Ringsystem des Saturn zu sehen, das ist ein Traum", schwärmt Velte. Er erzählt von Monddurchgängen, offenen Sternhaufen, Jupiter und den vier galileischen Monden. Normalerweise sind während des Treffens auch viele Sternschnuppen zu sehen: "Das ist ein phantastisches Schauspiel, wenn Sternschnuppen beim Eintritt in die Atmosphäre zerbröseln", sagt der Techniker.

Der 59-Jährige hat den "Astro-Virus" erst seit zehn Jahren. Seit er den Planeten Jupiter zum ersten Mal durch ein Teleskop sah, ließ ihn das Hobby nicht mehr los. "Da ist Licht unterwegs, das aufgegangen ist, als Jesus Christus geboren wurde", schwärmt er. Unter den Amateur-Teleskop-Freunden sind viele Berufsgruppen vertreten: Neben Physikern und Chemikern interessieren sich Handwerker, Ärzte und Angestellte aus den Ballungsräumen für den Sternenhimmel. Für sie gibt es Astrofotos, einen Astroflohmarkt sowie Informationen rund um Teleskope, Ferngläser, Literatur und Zubehör.

Jeden Abend um 22.30 Uhr bietet Velte aber auch eine für jedermann verständliche Führung, wo er neben dem großen und kleinen Wagen Sternbilder wie das Sommerdreieck, Spica, Bootes und Herkules erklärt. Aber auch tagsüber schauen die Amateure in ihre Teleskope: Sonnenflecken und Gasströme, die von der Sonne in den Weltall schießen lassen sich entdecken.

Weitere Informationen: Tel. 0170-7434762, www.astronomie-lahn-eder.de

Gesa Coordes

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