Express Online: Editorial | 7. August 2008

Urbane Utopien

Wenn ich Lahn seh', krieg ich Zahnweh", reimten Fusionsgegner auf Autoaufklebern und produzierten Fahndungsplakate mit den Köpfen der Gießener und Wetzlarer Rathauschefs: Als am 1. Januar 1977 die beiden mittelhessischen Kommunen samt 14 Nachbargemeinden zur 156.000-Einwohner-Stadt Lahn zusammen wuchsen, waren sich die meisten Einwohner in einem einig – in der Ablehnung des "sechzehnarmigen Stadtmonsters". Juli 1979 wurde das so ungeliebte Kunstgebilde wieder aufgelöst – und ging als die wohl größte bundesrepublikanische Pleite einer Kommunalreform in die Geschichte ein.

Dabei war beileibe nicht alles schlecht: Heute sind sich Kommunalpolitiker aller Couleur einig, dass die Städtefusion die Position Mittelhessens gegenüber dem wirtschaftlich übermächtigen Rhein-Main-Gebiet nachhaltig gestärkt hätte. Nicht von ungefähr gibt es seit 2003 einen Regionalmanagement-Verein von Politik, Wissenschaft und Wirtschaft, der sich das Motto "Mittelhessen – wir wachsen zusammen!" auf die Fahnen geschrieben hat.

Und demnächst macht sich auch eine Künstlergruppe auf die Suche nach den Überbleibseln der versunkenen Stadt Lahn: Am 23.8. suchen "Speckgürtelpioniere" beim Fahrradausflug entlang der Lahn nach urbanen Utopien im grünen Herzen Hessens – und laden zum Mitradeln und Mitreden ein (Infos unter www.akku-netz.de).

Georg Kronenberg

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