Express Online: Thema der Woche | 10. Mai 2007

Stiften gehen

Wirtschaftsunternehmen sollten mehr Stipendien für Studierende schaffen. Das hat die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Margret Wintermantel, in Gießen gefordert. Rund 1.000 Studierende kamen zur Demo gegen die HRK – weniger als von den Organisatoren erwartet.

Wintermantel mahnte auf der HRK-Jahresversammlung vergangene Woche in Gießen eine stärkere Zusammenarbeit von Hochschulen und Wirtschaft an. "Wir haben die gemeinsame Verpflichtung, aus Forschungsergebnissen neue Technologien, Produkte und Dienstleistungen zu schaffen. Es geht dabei um nicht weniger als Wohlstand und Wohlergehen unserer Gesellschaft, und wir wissen, dass wir im internationalen Vergleich an dieser wichtigen Schnittstelle Nachholbedarf haben. Deshalb müssen wir dort gemeinsam noch besser werden", sagte Wintermantel.

Gießens Unipräsident Stefan Hormuth, erinnerte zudem daran, dass Wirtschaftsverbände vor der Einführung der Studiengebühren vehement gefordert hätten, die Gebühren durch Stipendiensysteme sozial abzufedern. Hormuth: "Davon hört man heute nichts mehr."

Nicht allzu viel hörten die Uni- und FH-Präsidenten während ihren Beratungen auch von den am Donnerstag in der Stadt protestierenden Studenten. Nur rund 1000 Studierende waren zu der bundesweit stark beworbenen Demonstration gegen Studiengebühren gekommen. Die Erwartungen der Gebührengegner waren im Vorfeld deutlich größer gewesen. Schließlich sei die HRK-Versammlung mit Polit-Promis wie Bundesfinanzminister Peer Steinbrück oder Hessens Regierungschef Roland Koch und etlichen Medienvertretern eine ideale Bühne für studentische Anliegen gewesen, ärgerte sich ein Politikstudent.

Anlässlich der Demonstration gegen die Hochschulrektorenkonferenz übte Tjark Sauer, Stadtverordneter der Linken, heftige Kritik am Einsatzkonzept der Polizei. "Angefangen mit Personenkontrollen vor Besuch der Demonstration, begleitet von permanenter präventiver Videoüberwachung während der gesamten Veranstaltung und etwa 700 Polizeibeamten, über abstruse Anordnungen und Polizeieinsätze wegen der Frage der von den DemonstrantInnen benutzten Fahrspur, konnten die DemonstrationsteilnehmerInnen ein Lehrstück repressiver Polizeistrategie erleben," ärgerte sich Sauer.

Für das Verkehrschaos während der Proteste zeichnen weniger die Studierenden verantwortlich, als vielmehr die maßlos agierenden Kolleginnen und Kollegen von der Polizei", unterstrich auch Katharina Volk, Vorstandsmitglied der Linken in Gießen.

Die Universitäts- und Fachhochschulpräsidenten hatten erstmals eine Jahresversammlung dem Thema "Hochschule und Wirtschaft" gewidmet. Dies zeige das große Interesse der Hochschulen an einer stärkere Zusammenarbeit, so die HRK-Präsidentin. "Das betrifft sowohl Forschung und Innovation als auch Studium und Weiterbildung."

In Deutschland dauerten Innovationsprozesse vielfach zu lange, stellte die HRK-Präsidentin fest. "Das liegt weniger an unterschiedlichen Interessen von Unternehmen und Hochschulen, als daran, dass diese beiden Systeme noch zu sehr ihrer jeweils eigenen Logik verhaftet sind. Forschung an den Hochschulen endet oft, bevor Anwendungsbereiche hinreichend erkennbar sind. Und Unternehmen haben Probleme, die Potenziale von Forschungsergebnissen für ihre Ziele einzuschätzen. Deshalb brauchen wir dauerhafte Partnerschaften mit klaren Regeln, die Hochschulen und Unternehmen zum Vorteil gereichen.

Wintermantel erklärte, sie sehe Verpflichtungen auf beiden Seiten: "Die Hochschulen müssen in Forschung und Lehre hohe Qualität sicherstellen. Um in der Zusammenarbeit professionell agieren zu können, benötigen sie ein gutes Management. Auf Seiten der Wirtschaft sind langfristigere Planung und mehr Engagement bei der Förderung der Wissenschaft notwendig. Es ist bedenklich, wenn Unternehmen ihre Forschungs- und Entwicklungsabteilungen abbauen oder den Bereich Aus- und Weiterbildung herunterfahren. Damit gehen wichtige Verbindungsstellen zu den Hochschulen verloren. Beide Seiten müssen aufeinander zugehen und sich stärker auf die Denkweise der anderen Seite einstellen."

Georg Kronenberg

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