Express Online: Editorial | 29. März 2007

Neulich mal wieder:
Aufstand der Maschinen

Erst wuchtet man als ökologisch Veranlagter, der mit dem Cent kalkulieren muss, im Schweiße der wärmer werdenden Tage einige Kamelladungen Pfandgut in den Supermarkt seines Vertrauens. Zieht als wandelndes Taschengebirge die spöttischen Blicke von lässigen Heimsprudlern auf sich. Findet sich einigermaßen gereizt vor dem Leergutautomaten, der mit dem Versprechen "einfach, schnell und problemlos" oder so ähnlich um vertrauensvolle Beschickung buhlt. Stopft und stopft das Maschinenmaul, Flaschenboden brav zuerst, immer schön bei grünem Licht. Und dann macht die Kiste nach nicht mal drei Dutzend Gebinden die Grätsche. "Flaschenteller voll", ächzt der Monitor in 1a Pidgin-Deutsch. Ist mir doch egal. Habe keine Zeit für Spirenzchen, aber noch ein paar volle Taschen. Wo ist der Beschwerdeknopf, strunzdoofer Blechsack? Kein Beschwerdeknopf. Der Hersteller der Horrormaschine, ein offenbar geistesgestörter Sadist, verlangt Eigeninitiative, sprich den Einsatz von Fachpersonal.

Aus der Schlange der Wartenden kommt Murren. Eine leere 1,5l-PET-Flasche streift meinen Hinterkopf. Meine Begleiterin, im normalen Leben ein Ausbund an Friedfertigkeit, zischt etwas von einer gutzuplazierenden Eierhandgranate. Die Menge johlt. Die Marktleitung teilt Waffen aus. Barrikaden werden errichtet, irgendwo fällt ein Schuss. Was ich nicht mitbekomme, weil auf der Suche nach Fachpersonal in den allgemeinen Wirren der tobenden Automatenstürmerei untergetaucht. Mache als Durstkünstler Karriere und erst zurückkomme, wenn mein Leergut wieder von einem ansatzweise vernunftbegabten Wesen angenommen wird. Mensch oder Maschine, egal.

Michael Arlt

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