Express Online: Thema der Woche | 5. Oktober 2006

Mit herzlichen Grüßen

Zum 800. Geburtstag der Stadtheiligen setzt Marburg auf Leucht-Reklame: Ein sieben Meter großes Herz soll während des Elisabeth-Jubiläumsjahres 2007 vom Spiegelslustturm strahlen – und blinkend Liebesgrüße übermitteln

Für die einen ist es Kitsch, für die anderen Kunst. In jedem Fall soll es aber eine "fröhliche Sache" werden, ist der Marburger Kulturamtsleiter Richard Laufner überzeugt. Die gut 400 Meter hoch über Marburg am Spiegelslustturm angebrachte Lichtinstallation in Form eines sieben Meter großen, spätgotischen Herzens soll das zentrale Zeichen für die Jubiläumsfeierlichkeiten rund um den Geburtstag der Heiligen Elisabeth 2007 werden.

Ein Herz steht in allen Kulturkreisen für Liebe und Nächstenliebe", sagt Ideengeber Laufner, der insbesondere Jugendliche mit dem Herz näher zur 1231 verstorbenen Heiligen bringen will. Denn die Lichtinstallation mit Titel "Siebensiebenwzölfnullsieben" kann - zum Beispiel als Gruß von Verliebten - durch einen Anruf zum Leuchten gebracht werden. Die Telefonnummer 09005-771207 ist am Geburtstag der Stadtheiligen (7.7.1207) orientiert. So soll das Kunst-by-Call-Projekt ein Jahr lang zur Marburger Attraktion werden. Eine Web-Cam sorgt für weltweite Wahrnehmbarkeit der Leucht-Reklame.

Die Diskussion über Kitsch oder Kunst stört Laufner dabei überhaupt nicht, im Gegenteil: "Die Reibung finde ich spannend", sagt er. Und: "Machen wir Elisabeth nicht längst zu einer Kitschfigur für alles Gute und Mildtätige?""Ich bin fasziniert von der Auseinandersetzung mit dem Thema", kommentiert auch Oberbürgermeister Vaupel: Das Symbol des Herzens und der roten Farbe dürfe man denn auch nicht nur mit dem Rotlichtmilieu assoziieren.Denn vor dem Hintergrund der kontroversen, stadtweiten Diskussion über ein Marburger Bordell hatte das Präsidium der Universität abgelehnt, dass das Kunstwerk wie zunächst geplant am Uni-eigenen Schloss angebracht wird - und die Konnotation von Bordell und Kitsch moniert.

Dabei sind in die Lichtinstallation historische Bezüge eingeflossen. Künstlerin Helmi Ohlhagen hat ein ein altes Motiv vom Portal der Elisabethkirche als Ausgangspunkt ihrer Arbeit genommen: "Es ist ein gotisches Motiv, das ich in ein modernes Medium übersetzt habe, wie es in unserem Alltag überall anzutreffen ist. Die Farbigkeit rekurriert auf das Scharlachrot des Portals der Elisabethkirche." Sie finde es gut, dass durch die Herz-Aktion "eine Diskussion angestoßen wurde über die Aktualität der historischen Überlieferung". Im Kulturausschuss konnte Ohlhagen auch die bürgerliche Opposition von der Idee überzeugen.

Einzig bei den Marburger Grünen gibt es die Sorge, dass Kinder und Jugendliche ihr ganzes Taschengeld für das leuchtende Herz ausgeben. Wie viel ein Anruf kosten soll, ist aber noch nicht ganz klar. Höchstens (in Anlehnung an Elisabeths Geburtstag) 77 Cents, aber vielleicht auch deutlich weniger. Das hängt nach Auskunft des Kulturamtsleiters davon ab, wie viele Sponsoren sich finden. Das Lichtkunstwerk, das voraussichtlich rund 35 000 Euro kosten wird, soll nämlich durch private Geldgeber finanziert werden. Ein gutes Drittel der Kosten ist laut Kulturamt bereits eingeworben.

Am Mittwoch, 11. Oktober, findet im Historischen Rathaussaal eine Info-Veranstaltung zu Siebensiebenwzölfnullsieben statt mit Oberbürgermeister Egon Vaupel, Kulturdezernentin Kerstin Weinbach, den Projektleitern Richard Laufner (Projektidee) und Friedrike Beckmann. Die Künstlerin Helmi Ohlhagen wird per Power Point das Projekt vorstellen.

kro/gec



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