Express Online: Editorial | 20. Juli 2006

Brutkasten

Das hat man nun vom Sommer.

Die eine Hälfte der Belegschaft windet sich mit Magen-Darm-Attacken in einer infernalischen Endlosschleife Bett-Klo. Totalausfall, weil's dem Virus gerade so nett warm ist, so recht zum explosionsartig Vermehren. Die andere Hälfte traut sich nicht raus. Nicht nur, weil die eine Hälfte fehlt und noch etwas mehr zu machen ist. Sondern auch, weil sie keine Lust verspürt, als beseeltes Mayonnaise-Sandwich fingerdick eingecremt der doofen Sonne Paroli zu bieten.

Also brütet sie in abgedunkelten Räumen, durch deren gallertige Stehluft selten nur ein schwüler Hauch sich schneidet. Und träumt leise transpirierend vor sich hin. Von der unzuverlässigen Gnade des schöpferischen Einfalls und Eiswürfeln on the Rocks, von verlorenen Stauwochenenden in unklimatisierten schwarzen Limousinen und freundlichen Frostgraupeln. Von all den namenlosen Kolibakterien im unfreiwilligen Asyl brackiger Badeseen und ihrer dramatischen Suche nach spaltpilzwürdigeren Lebensbedingungen in Mensch und Tier. Und davon, wie sich am Ende doch Alles zum Guten wendet.

Das hat man nun vom Sommer.

Michael Arlt



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