Express Online: Editorial | 8. Juni 2006

Fußballverstrickung

Als ich kürzlich mit einem aufgeräumten Polizisten plauderte, kam die Rede auf ... genau: Fußball. Und die Rede kam auch auf ... ja: Frauen. Der gute Mann mit einem Knäuel Kollegen parat, um im Zweifelsfall für eine forcierte Deeskalation mit den aufmüpfigen Studenten zu sorgen. Da es aber gerade nichts weiter zu forcieren oder deeskalieren gab, wurde mir folgende Weisheit zuteil: "Frauen und Fußball? Das ist ja wie ich und Stricken."

Der Mann hat Humor, doch ja, auf seine Art. Aber Moment mal: Ist er auf der Höhe seiner Zeit? Oder hat er doch die ein oder andere gesellschaftliche Entwicklung verpasst? Ich kenne – persönlich! – mehrere Frauen, die einem im Handumdrehen die Abseitsregel erklären können, ich weiß von Frauen, die der WM mit konstant steigendem Adrenalinpegel entgegenfiebern, und ich erinnere mich vage, dass da mal ein gewisses Frauennationalteam einen gewissen internationalen Titel gewann ... Also, Frauen und Fußball – doch, doch, das geht schon.

Ich gestehe, nicht weiter nachgefragt zu haben, wie unser Freund und Helfer diese Bemerkung denn letztlich gemeint hat. Vielleicht hätte sich am Ende herausgestellt, dass er regelmäßig zu Weihnachten all seine Freunde und Verwandten mit selbstgestrickten Socken und Pullovern überrascht. Aber nein, das wäre zu märchenhaft. Ich komme zu einem anderen Schluss: Unsere Polizisten sind fußballmäßig nicht wirklich up to date. Und warum nicht, ihr aufmüpfigen Studenten? Weil ihr ihnen nicht die Zeit dazu lasst! Wenn ihr aufhören würdet, sie ständig ordnungshüterisch zu verstricken, dann hätte auch unsere Polizei endlich die Muße, mit den wirklich wichtigen Dingen des Lebens, also zum Beispiel mit Frauen und Fußball, auf gleicher Augenhöhe zu bleiben.

Ulrike Rohde



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