Letztendlich ist das keine wirtschaftliche Insolvenz", meint der Direktor des Marburger Sorat Hotels. Schließlich sei das Geschäft mit den Gästen im ersten Halbjahr 2005 "so stark wie noch nie" gewesen. Die Löhne der 60 Mitarbeiter und die Rechnungen der Lieferanten würden bezahlt. Gestolpert sei das 255-Betten-Haus am Fuß der Marburger Oberstadt jedoch über die Insolvenz des Vermieters, der Lahn-Center-Gesellschaft. Mit der Gesellschaft sei 1997 ein viel zu hoher Pachtvertrag abgeschlossen worden. Schon damals sei viel zu knapp kalkuliert worden, sagt Blasberg.
Durch die Insolvenz des Vermieters sei jedoch ein weiteres Problem hinzugekommen. Frühere Sondervereinbarungen, nach denen die Pacht verzögert gezahlt werden konnte, seien nicht mehr möglich gewesen. Der Konkursverwalter habe die ausstehenden Rechnungen sofort eingefordert. Sorat musste Miet- und Nebenkosten schuldig bleiben und selbst Insolvenz anmelden. Jetzt wird ein Investor für das Hotel am Rudolphsplatz gesucht, das in Zukunft wohl unter neuem Namen firmieren wird.
Für die Besucher vorwiegend Tagungsgäste und Geschäftsleute hat sich allerdings bislang nichts geändert. Dass das größte Marburger Hotel weiter gebraucht wird, ist für den Geschäftsführer der Marburger Tourismus und Marketing Gesellschaft, Michael von Aschwege, auch völlig unstrittig. Mit 255 Betten stellt Sorat mindestens ein Viertel der Hotelbetten in der Universitätsstadt. Es gehört zur Kette der Sorat-Hotels, agiert aber wirtschaftlich eigenständig. Mit 30.000 Übernachtungen pro Jahr und einer Auslastungsquote von knapp 60 Prozent steht das Haus in diesem Jahr auch relativ gut da. Gebucht wird es vor allem für die Kongresse von Universität, Klinikum und Unternehmen.
Der Tourismus in Marburg erlebt auch insgesamt einen Aufschwung: Die Zahl der Übernachtungen in Betrieben mit mehr als acht Betten ist 2004 um 6,4 Prozent auf knapp 240.000 gestiegen. Damit profitiert die Stadt ebenso wie Gießen, Wetzlar und Limburg vom wachsenden Städtetourismus. Das nützt vor allem den preiswerten Anbietern von Ferienwohnungen, Privatunterkünften und Hotelbetten, aber auch der Luxusbranche. In Marburg gibt es das Fünf-Sterne-Superior-Hotel "Vila Vita" am Rosenpark. Am schwierigsten ist die Situation für Drei- und Vier-Sterne-Hotels sowie für große, familiengeführte Betriebe. Allerdings hat in den vergangenen Jahren kein Hotel in Marburg aufgeben müssen.
Am Korb seines Heißluftballons hat Uwe Schneider ein kleines hölzernes Steuerrad angebracht. Das sei zwar nur Show, aber "manche glauben wirklich, dass ich damit die Richtung ändern kann", sagt Schneider lächelnd, während er seinen Ballon für die letzte Wertungsprüfung bei den Hessischen Meisterschaften der Heißluftballone fertig macht. Dabei müssen die Ballonfahrer am Samstagabend vom Startgelände in Weilburg aus so schnell wie möglich die nahe Lahn überqueren und anschließend innerhalb von 70 Minuten eine möglichst weite Strecke zurücklegen.
Gut ein Dutzend Ballone schweben bereits am Abendhimmel. Schneider, amtierender Europameister und Favorit auf den Titel in Weilburg, ist am Samstag als letzter Starter an der Reihe und seine Freundin hofft, "dass die Letzten vielleicht die Ersten sein werden, das hat ja schon öfters geklappt."
Insgesamt 20 Teams sind bei den Hessenmeisterschaften angetreten. Neben Ballonfahrern aus ganz Deutschland hat der Wettbewerb auch einen Spanier in das Barockstädtchen an der Lahn gelockt. Ballonpilot Ricardo Aracil aus Mallorca will einen Platz in der spanischen Nationalmannschaft für die Weltmeisterschaft 2006 ergattern und nutzt den hessischen Wettbewerb zum Training. "Das Niveau in Deutschland ist sehr hoch. Hier kann man viel lernen", erzählt Aracil.
Im Wettbewerb müssen die Piloten unterschiedlichste Aufgaben meistern: etwa den Ballon zu einen beim so genannten "Fly in" zu einem vorgegebenen Ziel steuern oder beim "Ellenbogen" die größtmöglichste Richtungsänderung vornehmen. Zwar sind bei den Wettkampfpiloten seit ein paar Jahren satellitengesteuerte Navigationssystem zur exakten Positionsbestimmung Standard. Aber zum Steuern des Heißluftballons könne man wie seit der Anfangszeit des Ballonsports "eigentlich nur die Höhe variieren", berichtet Veranstaltungsleiter Werner Hoffarth vom Hessischen Luftsportverband. "In verschiedenen Höhen gibt es unterschiedliche Windrichtungen und auch Windstärken."
Die Faszination am Ballonfahren liege denn auch darin, "dass man sich der Natur mehr ausliefert, als bei anderen Luftsportarten", berichtet der Marburger Pilot Mirko Fridrici. "Wir versuchen die Natur nicht zu beherrschen." Das Schönste sei "nicht auf eine Straße achten zu müssen", meint Spanier Aracil. "Dieses Schweben im dreidimensionalen Raum kann man vielleicht ein bisschen mit Tauchen vergleichen", sagt Europameister Uwe Schneider.
Insgesamt gebe es in Hessen wohl etwa 150 Ballonfahrer, schätzt Veranstaltungsleiter Hoffarth. 115 Ballonfahrer davon sind nach seinen Angaben im Hessischen Luftsportverband organisiert. Mit zahlreichen Titeln bei internationalen und nationalen Wettbewerben der in Hüttenberg bei Gießen wohnende Uwe Schneider darunter der erfolgreichste Ballonfahrer. Seiner Favoritenrolle wird Schneider auch am Wochenende in Weilburg gerecht: Er wird erwartungsgemäß Gesamtsieger bei den Hessischen Meisterschaften der Heißluftballone.
Zu seinem Erfolgrezept gehöre "sehr konstant zu fahren", sagt Schneider, der sich im November im Trainigscamp in Japan auf die WM 2006 vorbereiten will. "Ich fahre einfach meinen Stiefel weiter",während andere bei einem mehrtägigen Wettbewerb oft Probleme mit der Konzentration bekämen. Dazu käme ein Gespür für den Wind durch die langjährige Erfahrung, sagt der 43-Jährige, der 1982 "über einen Klassenkameraden" zum Ballonsport gekommen war. Und schließlich: "Ich habe als Einziger ein Steuerrad eingebaut."
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