Express Online: Thema der Woche | 21. Juli 2005

Stars en masse

Die MTV Campus Invasion hat Gießen gerockt: 13.000 Besucher feierten die "Helden", Adam Green & Co.

Das über den Köpfen der jubelnden Zuschauer gehisste Protest-Transparent gegen Studiengebühren fand den ungeteilten Beifall von Sängerin Judith Holofernes. "Ich mag eure Plakate", rief die Frontfrau der Band "Wir sind Helden" zu Beginn ihres Auftritts und widmete das nächste Lied allen, die gegen die Einführung von Studiengebühren kämpfen. Die Aktion der Gießener Studentenvertretung blieb freilich die einzige politische Einlage bei der MTV Campus Invasion in Gießen.

Sieben Stunden Live-Musik standen bei dem Rockfestival des Berliner Musiksenders MTV am Samstag auf dem Programm. Neben dem Top-Act "Wir sind Helden" traten Adam Green, Patrice, die Gruppen "Bloc Party" und "Kasabian" auf. Das für Gießen ungewohnte Staraufgebot hatte schon mittags für lange Schlangen vor dem Einlass des zum Festivalplatz umfunktionierten Uni-Sportgeländes gesorgt. Als gegen 16.15 Uhr die MTV Campus Invasion bei strahlendem Sonnenschein mit der britischen Gruppe Kasabian startete, gab es vor der Bühne längst kein Durchkommen mehr. Den größten Jubel heimste natürlich "Helden"-Sängerin Holofernes ein – als sie gegen Ende des Konzerts kurz vor 23 Uhr in die Menge kletterte und sich vom Publikum auf Händen tragen lies.

Das ist eine tolle Abschluss-Veranstaltung für das Semester", freute sich Anglistikstudentin Gabi Stein. "Das könnte jedes Jahr hier veranstaltet werden." Mit knapp 23 Euro im Vorverkauf sei der Eintritt auch "richtig billig im Vergleich zu anderen Festivals", ergänzte ihr Begleiter. "Das ist hier voll kommerziell", stöhnte dagegen ein aus Marburg angereister Student. "Für Wasser muss ich drei Euro bezahlen – genauso viel wie für Bier. Das ist unverschämt."

Kai Dietzel vom Gießener AStA war derweil zufrieden, "dass wir hier noch kurzfristig einen Stand vom Veranstalter bekommen haben. Mit der Protestaktion sei der Abend für die Studentenvertretung "riesig" gelaufen. Die Veranstaltung sei "eine Aufwertung für Gießen", sagte Studentenwerks-Sprecherin Susi Gerisch. "Hier finden wenige so große Konzerte statt." Germanistik-Studentin Sarah Rögl sah das ähnlich: "Dieses Festival hat gezeigt, was den meisten Studierenden nicht klar ist: Gießen rockt!"

Insgesamt sind laut MTV rund 13.000 Besucher zur ersten hessischen Auflage der seit fünf Jahren jeweils in mehreren Hochschulstädten veranstalteten Festivalreihe gekommen. Störungen habe es nicht gegeben, sagte ein Polizeisprecher. "Aus unserer Sicht war alles wunderbar." Die Helfer des Gießener Roten Kreuzes hatten rund einhundert Einsätze. Hauptsächlich mussten Gäste mit Kreislaufproblemen verarztet werden. Sechs Patienten hätten ins Krankenhaus gebracht werden müssen, berichtete Einsatzleiter Christian Betz. "Für eine solche Veranstaltung liegt das im üblichen Rahmen."

Georg Kronenberg


Express Online: Thema der Woche | 21. Juli 2005

"Jesus can't play Rugby ..."

Info
Training: Mo. 18 Uhr / Do. 19 Uhr, Unisportplatz Afföllerwiesen.
Einen Bericht über den Ablauf der Meisterschaft in Jena kann man unter www.freestyle-
marburg.de
(Stichwort "Rugby") nachlesen; Tabellen und Fotos, auch zum Turnier der Herrenmannschaften, finden sich unter www.rugby-dhm.de
Ulrike Rohde
... aber die Marburger "Leopardinnen" können es und trugen bei den Hochschulmeisterschaften in Jena den Sieg und die gewichtige Trophäe davon.

Jena im Juni, Sonntag, früher Abend. Zwanzig Sportlerinnen, gezeichnet vom kräftezehrenden zweitägigen Turnier, Tapes an allen verfügbaren Gelenken, nur wenige, die nicht humpeln, aber trotzdem ausgelassen und lautstark singend. So zogen die "Marburg Leopards" nach Abschluss der diesjährigen Hochschulmeisterschaften im Siebener-Rugby zur Siegesfeier in die Stadt. Kein Wunder, dass die Rugbyunkundigen unter den Jenaern der Truppe um Trainer Hans Niggemann weiträumig auswichen. Wer weiß schon, dass bei dieser Sportart das gemeinsame Singen und Feiern fast genauso elementar ist wie das Trainieren von korrektem Gasseneinwurf, angeordnetem Gedränge oder regelgerechtem Tackling?

Gefeiert wurde bei größeren Mengen von Pizza und Pasta ein doppelter Triumph, denn die "Leopards" waren gleich mit zwei Teams angetreten. Marburg I setzte das Vorhaben, den im letzten Jahr gewonnenen Titel zu verteidigen, selbstbewusst in die Tat um, bis hin zum packenden und kampfbetonten Finale gegen Potsdam/Berlin. Eine zweite Mannschaft konnte zum großen Teil aus Neuzugängen der letzten Monate gebildet werden. Mit riesigem Einsatz und unter Anleitung der alten Hasen glückte den Jung-Leopardinnen die Überraschung: Marburg II erkämpfte sich den vierten Platz unter insgesamt zwölf Teams. Die euphorische Marburger "uuuund-Jubel"-Welle war in Jena schließlich so oft zu hören, dass sie sich auch in den konkurrierenden Fankurven ausbreitete.

Trainer Niggemann von der Rugby Union Marburg war nach diesem Turnier "unglaublich stolz" auf "seine" zwanzig Frauen. Das Fundament des Erfolgs sieht er u.a. in der außerordentlichen mannschaftlichen Geschlossenheit und dem sehr positiven Teamgeist: "Ich musste nie den Leopardinnenbändiger spielen: Jede hat ohne Murren auch auf ungewohnten Positionen gespielt und bedingungslos gekämpft."

Apropos kämpfen und humpeln: Rugby ist nicht gerade ein Sport, der mit Samthandschuhen gespielt wird. Regelgerecht getackelt ist man z.B., wenn man in vollem Lauf durch beherztes Anspringen von hinten zu Fall gebracht wird. Hauptsache, man lässt beim Fallen den Ball nicht los und sichert ihn für die Mitspieler – bevor man über das verdächtige Knacken im Knie nachdenkt oder darüber, was eigentlich passierte, nachdem man den fremden Ellbogen in Großaufnahme vor sich sah. Diese Einstellung hatte wohl auch die Potsdamerin mitgebracht, die zur Spielerin des Turniers gekürt wurde: Sie strahlte bei der Siegerehrung mit einem saftigen Veilchen in die Runde ... Da trifft es sich gut, dass die Marburger "Leopards" mit der Gießener Pelikan-Apotheke einen adäquaten Sponsor gefunden haben.

Wer sich traut, ist bei der "spiel- und feierstarken Truppe" jederzeit willkommen, "egal ob jung oder alt, klein oder groß, schwer oder leicht" – und kann in einer stillen Stunde zu Haus schon mal ein wenig Singen üben, z.B. auf die Melodie von "John Brown's Body" die Strophen "Jesus can't play Rugby with those holes in his hands ..." und den Refrain "Free beer for all the ruggers!" Na denn Prost: auf eine ebenso muntere und erfolgreiche nächste Saison für die "Leopardinnen".

Ulrike Rohde



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