Es herrscht kein Anstand mehr. Da muss man nicht erst den Ex-Bundeskanzler bemühen mit seinen anrüchigen Gasgeschäften. Oder Kicker Kevin Kuranyi, der ohne dass der Vorhang fiel oder ihn wenigstens ein Blitz traf vor Gottschalk und der versammelten Fernsehnation fröhlich drauflostrompeten durfte, wie toll es ist, Werbung für den meistgehassten, gleichwohl gigantischsten Softwarekonzern der Welt zu machen.
Nein, auch im ganz Alltäglichen sind der Gründe genug, in Endzeitstimmung zu verfallen. Das fängt bei der Ampel Ecke Robert-Koch-/Bahnhofstraße an, wo man als Fußgänger tagtäglich den Hauch des Todes spüren kann, weil grundsätzlich die letzten drei Autos bei rot rüberbrettern. Und hört mit den Rotten rumrotzender, pubertierender Hormonsklaven längst nicht auf, die nach wie vor jede Bushaltestelle in ein schillerndes Meer von Schleim verwandeln.
Deswegen bin ich an dieser Stelle auch mal unanständig und behaupte ganz unbescheiden: Der höchste Weihnachtsbaum mag in Itu, Brasilien, stehen der schönste allerdings bei uns zu Hause. Denn der strahlt in rot und duftet in grün und widersteht in seiner wehrhafter Nadeligkeit allen weltlichen Versuchungen, dass man nur so in naive Nostalgie gerät.Jetzt sind Sie dran.
Copyright © 2005 by Marbuch Verlag GmbH |