Express Online: Editorial | 20. Oktober 2005

Willkommen, Welcome, Bienvenue

Berühmte Zeitgenossen haben es mit unseren mittelhessischen Uni-Städten nicht immer gut gemeint. Philosoph Martin Heidegger hat sich nach eigenem Bekunden "keine Stunde" in Marburg wohl gefühlt und lästerte über den Marburger Uni-Betrieb: "Die Studenten bieder, ohne besonderen Antriebe. Und da ich mich viel mit dem Problem der Negativität beschäftige, habe ich hier die beste Gelegenheit zu studieren, wie das Nichts aussieht."

Die "häßlichsten Studenten der Welt" leben laut Satiriker Max Goldt aber immer noch in Gießen. Was eigentlich keinen wundern sollte, schließlich urteilte schon der Revolutionär und Schriftsteller Georg Büchner über Gießen, die Stadt sei schlicht "abscheulich".

Aber, nur Mut liebe Erstsemester, die ihr hier fern der Heimat einen neuen Lebensabschnitt beginnt: es gibt natürlich etliche Beispiele, dass das universitäre und kulturelle Leben an der Lahn so schlecht gar nicht ist. Ein paar davon stellen wir im Semesterspezial in diesem Express vor.

Immerhin hat Mittelhessen mit 4,4 Studenten auf hundert Einwohner laut einer Studie die zweithöchste Studentendichte in ganz Deutschland – nach dem Stadtstaat Bremen. Und das muss ja auch seinen Grund haben. Dem spanischen Philosophen Ortega y Gasset hat seine Zeit hier jedenfalls wohl viel Spaß gemacht. Er schrieb: "Marburg an der Lahn verdanke ich wenigstens die Hälfte meiner Hoffnungen und vielleicht meine ganze denkerische Zucht". Und in Gießen hofft derweil Oberbürgermeister Heinz-Peter Haumann, dass vielleicht zum ersten Mal die Zahl 30.000 bei den Studenten überschritten wird: "So einen Ansturm wie in diesem Wintersemester hatten wir noch nie."

Georg Kronenberg



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