Express Online: Editorial | 9. Juni 2005

Arbeits"gelegenheiten"

Wann ist eine Arbeit eigentlich eine "normale", eine "richtige" Arbeit, die entlohnt wird? Und wann eine Arbeits"gelegenheit", wie die Ein-Euro-Jobs offiziell heißen? Laut Sozialgesetzbuch besteht der Unterschied darin, dass Ein-Euro-Jobs "zusätzlich" und "gemeinnützig" sein sollen. Doch was heißt das? Wie unterscheiden sie sich vom Öffentlichen Dienst? Und wie und von wem werden diese Kriterien in der Praxis überprüft? Von den Kommunen selbst? In Zeiten des Personalabbaus und leerer öffentlicher Kassen scheint es für diese – wie für Soziale Dienste, die Universität und andere – eher verlockend, selbst auf die günstigen Ein-Euro-Jobber/innen zurückzugreifen.

Immerhin haben die Kommunen heute im Vergleich zu 1991 600.000 reguläre Stellen weniger – die Aufgaben dagegen sind geblieben. Zumindest einige Ein-Euro-Jobber/innen in Marburg verrichten daher Tätigkeiten, die früher von regulär Beschäftigten, wissenschaftlichen Hilfskräften, Zivis oder von BSHG- und ABM-Kräften erledigt wurden. Ob in der Universitätsbibliothek, bei den Dienstleistungsbetrieben der Stadt oder anderswo. Und auch der Rest der derzeit 610 Arbeitsgelegenheiten im Landkreis Marburg-Biedenkopf verrichtet Tätigkeiten, die gesellschaftlich meist sinnvoll und notwendig sind: In Schulen und Bibliotheken, in der Kinderbetreuung, Altenpflege und vielen Bereichen mehr. Die Frage ist nur: Warum gibt es dafür kein Geld und keine regulären Stellen?

Petra Schmittner


Express Online: Editorial | 9. Juni 2005

Blutsauger in Not

Selbst für Blutsauger scheinen die Zeiten schlecht zu sein: Graf Dracula etwa, der höchst offiziell seit knapp einem Jahr im Fachwerkstädtchen Laubach residiert, wird demnächst heimatlos und sucht dringend eine neue Bleibe. Denn "Draculas Museum der Vampire und Fledermäuse", das Juli 2004 im Laubacher Schloss vom dortigen Grafen eine mietfreie Unterkunft spendiert bekam, muss ausziehen, weil der Hausherr die Räume inzwischen anderweitig benötigt.

Wir würden gerne in Laubach bleiben", sagt Ulrike Wyche, Mitgründerin von Deutschlands einzigem Vampir-Museum. Schließlich sei die Zusammenarbeit mit der Stadt und dem Tourismusbüro prima. "Aber wir nehmen auch gerne die Gastfreundschaft anderer Städte an."

Nur ist es mit der Gastfreundschaft, die mutmaßlichen Blutsauger gewährt wird, offenbar auch in unserem aufgeklärten neuen Jahrtausend so eine Sache. So schlugen vor der Eröffnung des Museums, im dem eigentlich über die Entstehungsgeschichte der Mythen rund um Dracula & Co. informiert wird, Laubacher Bürger in Leserbriefen an die heimische Presse Alarm: "Die holen den Teufel nach Laubach!" Und eine Urlauberin aus Berlin befürchtete gar, sie könne nie wieder ruhigen Fußes durch Laubachs Gässchen wandeln, da in Zukunft "Horden schwarz gekleideter Wahnsinniger" das Pflaster unsicher machen würden.

Das Museum ist am kommenden Sonntag letztmalig geöffnet.

Georg Kronenberg



Copyright © 2005 by Marbuch Verlag GmbH