Express Online: Editorial | 26. Mai 2005

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Wetzlar ist als Goethestadt bekannt, Marburg als schmucker, traditionsreicher Hochschulstandort mit der ersten protestantischen Uni, Gießen als – ja, als was eigentlich?

O.k., die Stadt mag vielleicht als Einkaufsmeile in Mittelhessen gelten, um etwa Touristen anzulocken reicht das freilich nicht. Da ist es ein Glücksfall, dass das oft als hässlich gescholtene Oberzentrum seit Ende 2002 das Mathematikum beherbergt.

Das weltweit einzige Mathe-Mitmachmuseum ist ein internationaler Publikumsmagnet und eröffnet der ganzen Stadt eine neue Chance: Gießen will sich als "Stadt der Wissenschaften" vermarkten – mit zwei Hochschulen, Chemiker Liebigs originalgetreu erhaltenem Labor und hübschem Botanischen Garten in der Stadtmitte. Die Vermarktungsidee ist gut, der Weg aber noch weit – die jährlich geplanten "Wissenschaftstage" (diesmal zum Einsteinjahr, siehe Artikel in unserer Printausgabe) können nur ein Anfang sein.

Denn mit rund 27.000 Studierenden hat Gießen zwar die höchste Studentendichte in Deutschland. Die breite Identifikation mit dem Wissenschaftsbetrieb fehlt aber bisher. Die Marburger sagen gerne stolz "Marburg hat keine Universität – Marburg ist eine Universität". So weit ist Gießen noch lange nicht.

Georg Kronenberg



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