Express Online: Editorial | 10. März 2005

Asyl

Der kurdischen Flüchtlingsfamilie Vurucu aus dem mittelhessischen Stadtallendorf droht weiterhin die Abschiebung. Der Fall machte immer wieder Schlagzeilen, nachdem sich der Vater der Familie vor drei Jahren das Leben genommen hatte – eben aus Angst vor der Abschiebung in die Türkei. Trotzdem wurde der Asylantrag bislang von zwei Instanzen abgelehnt. Verhandelt wurde nun vergangene Woche beim Verwaltungsgericht Gießen, das noch keine Entscheidung gefällt hat.

Beschämend an dem ewigen Procedere ist die Tatsache, dass die vier Söhne von Frau Sultan Vurucu in Stadtallendorf so gut integriert sind. Dass der Jüngste nie in einem anderen Land gelebt hat. Dass ein Onkel in der Türkei die Mutter zu ermorden droht, weil er sie für den Tod ihres Mannes verantwortlich macht. In einer Presseinfo zweier betroffener Stadtallendorfer Schulen heißt es: "Baris Vurucu ist in diesem Jahr zum Schulsprecher der Landgräfin-Elisabeth-Schule gewählt worden. Sein Bruder Serkan ist in seiner Klasse der Georg-Büchner-Gesamtschule zum Klassensprecher gewählt worden. Der älteste Sohn Ferdi hat seit Monaten ein Arbeitsplatzangebot einer Firma, die ihn sofort einstellen würde, doch das Ausländergesetz verbietet ihm eine Arbeitsaufnahme."

Also bleibt die Familie auf Sozialhilfe angewiesen. Aber auch wenn das Gericht in der kommenden Woche zugunsten der Familie entscheiden sollte, bliebe doch der Dauerskandal der mangelnden "Altfall"-Regelung. Die sollte Menschen dort leben lassen, wo sie offenkundig schon längst zu Hause sind. Die Partei mit dem "C" hat hier stets blockiert. Dann doch lieber Atheisten mit Gewissen als solche "Christen".

Daniel Hajdarovic



Copyright © 2005 by Marbuch Verlag GmbH