Express Online: Editorial | 20. Januar 2005

Bassta

Würde die Bibel heute nochmal geschrieben, Bässe bekämen, neben Heuschrecke und Blutregen, einen Ehrenplatz unter den alttestamentrischen Plagen. Sie dröhnen in Form von Kirmes-Techno-Beats aus 1000-Watt-Boostern, installiert in von flachköpfigen Gefährten gelenkten flachgelegten Gefährten, die immer knapp vor dem Platzen sind.

Sie werden verabreicht in Form langwelliger Gaben aus zweifelhaft installierten Lautsprecheranlagen in der Nachbarschaft. Wabern aus Geschäften, Gastronomie, Arztpraxen. Selbst der popeligste Radiowecker am Armband pupst einen Mega-Bass aus seinem 1-cm-Lautsprecher. Und die digitale Revolution in der Musikaufzeichnung leistet dem Irrsinn noch Vorschub. Schließlich lassen sich beliebig tiefe Töne generieren und auf beliebigem Datenträger verewigen. Bereit, nicht nur den Zerstreuungsuchenden selbst zu durchdringen, sondern auch noch dessen weiteres Umfeld in den unbestellten Genuss von Herzrhythmusstörungen, Schweißausbrüchen u.ä. zu bringen.

Mein Vorschlag zur Güte wäre, für die Freunde subsonischer Frequenzen hermetisch dichte Bass-Lounges hinter meterdickem Bunkerbeton zu errichten. Dort herrschte Basslastigkeit, bis der Brägen matscht. Und draußen Frieden auf Erden. Und gepflegte Mitten. Delikate Höhen. Traumhaft.

Michael Arlt



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