Express Online: Editorial | 11. November 2004

Sind so kleine Teilchen

Beim Begriff "Teilchen" denken die meisten zunächst an leckere Backwaren. Dennoch haben weder Quarktasche noch Mohnschnecke im Teilchenbeschleuniger etwas verloren. Durch eine solche Anlage werden vielmehr ungleich kleinere Atome gejagt, zum Beispiel Wismut- und Nickelteilchen, die dabei so heftig aufeinandertreffen, dass sie einer Fusion ihrer Kerne schwerlich aus dem Weg gehen können. So geschehen schon 1994 in Darmstadt. Aber erst jetzt konnte das bei diesem Versuch erzeugte neue chemische Element – es ist das 111. – auch benamt werden: Das kleine Kerlchen hört auf den Namen Roentgenium. Das ist immerhin besser als das Teilchen Jaqueline, Schyrien, Kevin oder gar Nussstriezel zu nennen.

Außerdem ist durch diese Ehrung Wilhelm Conrad Röntgens der Jubel in Gießen vorprogrammiert: Hält man sich dort doch etwas darauf zu Gute, dass der Entdecker der X- bzw. Röntgenstrahlen einige Jahre an der Justus-Liebig-Uni wirkte. Um so größer der Katzenjammer in der anderen Lahn-Metropole, wo dieser Tage das Gründerjubiläum 100 Jahre Standort Behringwerke gefeiert wird (Artikel in unserer Printausgabe). Das wäre doch ein guter Anlass gewesen, den in Marburg forschenden Impf-Pionier Emil von Behring, der es bis dato "nur" auf eine Briefmarke gebracht hat, als Teilchen-Paten zu verwenden. Bleibt zu hoffen, dass das noch zu entdeckende Element 112 Behringium getauft wird. Bis dahin dürften aber noch einige Plunder- oder Hefeteilchen durch mittelhessische Mägen wandern.

Daniel Hajdarovic



Copyright © 2004 by Marbuch Verlag GmbH