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Thema der Woche | 21. März 2019

Faktenwissen fehlt beim Flüchtlingsthema

2000 Menschen in repräsentativer Umfrage interviewt

Die Einstellung der Deutschen zur Flüchtlingskrise ist gespalten. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage hervor, die das Marburg Centre for Institutional Economics (Macie) der Philipps-Universität gemeinsam mit der Stadt Marburg vorgestellt hat. Dazu wurden mehr als 2000 Menschen aus ganz Deutschland interviewt.

Der Marburger Professor für Makroökonomie, Bernd Hayo, sowie Florian Neu­meier vom Ifo-Institut zeigten, dass die Befragten große Lücken beim Fakten­wissen hatten. So konnte ein Drittel der Interviewten überhaupt nichts zur Anzahl der Asylsuchenden insgesamt (1,2 Millionen), dem Anteil aus mus­li­mischen Ländern (zwei Drittel), dem Anteil an Kriegsflüchtlingen (60 Prozent) oder der Höhe der Kosten geben (einschließlich Unterkunft und Kurse etwa 1000 Euro pro Monat und Flüchtling). Die Zahl der Muslime und die Kosten werden deutlich überschätzt, während die Zahl der Menschen, die vor Krieg und Terror fliehen, unterschätzt wird. Leider zeigte sich auch, dass die Meinungen kaum beeinflusst werden, wenn den Befragten mehr Informationen – etwa über die Zahl, die Kosten und die Fluchtgründe – gegeben wurde.

Vergleicht man verschiedene Bevölkerungsgruppen, hängt die Einstellung zu Flüchtlingen vor allem am Wohnort – es gibt große Unterschiede zwischen Ost und West – sowie an der Parteienpräferenz, wobei AfD und Grüne am weitesten auseinanderliegen. Dagegen spielen Einkommen, Bildungsgrad, Geschlecht und Alter geringere Rollen.

Nach den Interviews will die Mehrheit der Deutschen das Asylrecht ein­schrän­ken. Mehr als ein Viertel der Befragten möchte das Grundrecht auf Asyl sogar ersatzlos streichen. Nur 14 Prozent will es unverändert beibehalten. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung fühlt sich unbehaglich, wenn die Zahl der ge­nehm­ig­ten Asylanträge pro Jahr den Wert von 200.000 erreicht. Ein Drittel spricht sich für eine feste Obergrenze aus, 23 Prozent für eine flexible Obergrenze.

Dagegen betont Oberbürgermeister Thomas Spies, dass es Bürgern und Kommunalpolitikern in Marburg "über alle Grenzen hinweg" gelinge, eine angemessene Haltung gegenüber Menschen einzunehmen, die vor Krieg, Not und Verfolgung flüchten mussten. 7.500 Menschen seien bei der Demon­stra­tion gegen Rechtsradikalismus und Rassismus im vergangenen Jahr in der Universitätsstadt auf die Straße gegangen. Auch die Aufnahme von 200 zu­sätzlichen Flüchtlingen sei einstimmig im Stadtparlament beschlossen worden. Der Bundesinnenminister war allerdings nicht auf die Initiative eingegangen – angesichts des in Seenot geratenen Rettungsschiffes "Sea Watch 3" hatte Marburg zudem angeboten, 32 Flüchtlinge aufzunehmen. "Ich wünschte mir, auch vorbei am Bundesinnenminister Entscheidungen treffen zu können", sagte Spies.

Seit 2015 hat die Universitätsstadt 2.240 geflüchtete Menschen aufgenommen. Das entspricht drei Prozent der Bevölkerung. Unter den 77.000 Einwohnern der Stadt haben knapp 10 000 (13 Prozent) eine ausländische Staatsangehörigkeit. Unter ihnen sind zahlreiche Studierende und Wissenschaftler.

Unter den Geflüchteten sind 830 alleinlebende Männer, 220 alleinlebende Frauen, 570 Kinder und Jugendliche sowie 240 Familien. 1.570 der Geflüchteten haben bereits positive Bescheide, nur 75 sind ausreisepflichtig. Nach den Zahl­en des Kreisjobcenters steigt die Zahl der Erwerbstätigen und der Aus­zu­bil­den­den unter den Geflüchteten seit 2018 steil an. Die Voraussetzung dafür schaf­fen die zahlreichen Deutschkurse an der Volkshochschule, die schon sehr früh und kostenlos belegt werden können. Außerdem werden die Geflüchteten in Orientierungskurse, Praktika und Einstiegsmaßnahmen vermittelt, damit sie möglichst bald eine Arbeit oder Ausbildung starten können.

Eigens eingerichtet wurde das Integrationsportal in der Mauerstraße, wo es Hausaufgabenhilfe, Bewerbungstraining, Kinderangebote, das Café Refugium, Treffen von Migrantenvereinen sowie Deutschkurse gibt. Regelmäßig sind Om­buds­personen vor Ort. Die Stadt hat einen eigenen Integrations­be­auf­trag­ten, der als Mittler zwischen Verwaltung und Stadtgesellschaft wirkt.

Gesa Coordes

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