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Thema der Woche | 25. August 2016

Marburg im Asteroidengürtel

Älteste historische Sternwarte Hessens wird 175 Jahre alt – Foto: Coordes

Marburg gibt es dreimal, sagt Astronomieprofessor Andreas Schrimpf: Marburg an der Lahn, Marburg an der Drau (Slowenien) und Marburg im Asteroidengürtel. "Alle drei sind ungefähr gleich groß", sagt der Physiker. Allerdings ist Asteroid Marburg 270 Millionen Kilometer entfernt und selbst Schrimpf hat ihn erst einmal gesehen – als beweglichen Punkt, den man erst nach einer wochenlangen Auswertung von Teleskopaufnahmen im PC finden konnte. Nächste Chance für die Sichtung ist im Januar 2017.

Aber der winzige Planet zwischen Mars und Jupiter ist ohnehin erst seit 2011 bekannt. Damals wurde er von seinem Entdecker, einem Darmstädter Astronomen, so benannt, weil in Marburg die ersten Asteroiden-Messungen Hessens gemacht wurden. Zu verdanken sind sie dem Astrophysiker Christian Ludwig Gerling, der den alten Turm auf der Stadtmauer unterhalb des Land­grafen­schlosses vor 175 Jahren zu einer Sternwarte umbaute.

In Marburg sitzt nämlich auch die älteste historische Sternwarte Hessens. Zum Tag des Offenen Denkmals am 11. September wird sie ausnahmsweise ihre Luke öffnen. Dann können auch Besucher die ungewöhnliche Aussicht auf der Galerie rund um das achteckige Häuschen bewundern.

Betreuer der ungewöhnlichen Sternwarte am Renthof ist Andreas Schrimpf, der 2008 eine "astronomischen Schatz" entdeckte: Auf einem einst unbewaldeten Hügel hinter dem Einkaufszentrum von Marburg-Wehrda fand er einen historischen Meridianstein – bundesweit gibt es nur drei, die nicht verschollen oder zerstört sind. Einst wurde der Stein von Gerling dazu benutzt, das Teleskop auf der 3771 Meter entfernten Sternwarte exakt nach Norden auszurichten. Nur so konnte er die Sterne vermessen und die lokale Ortszeit genau bestimmen.

Mit seiner Entdeckung widerlegte Schrimpf die Legende, nach der ein meter­hoher Sandsteinblock bei Cölbe der Meridianstein sein sollte. Weil dieser aber gar nicht exakt in Nordrichtung lag, befragte Schrimpf alte Quellen und rechnete genau nach. Und tatsächlich entdeckte er zwischen Kupferschmiede und Einkaufszentrum drei große Brocken. Aber erst, nachdem das Technische Hilfswerk die tonnenschweren Steine gedreht hatte, war er sich sicher: Der Meridianstein war fast vollständig erhalten – sogar die Skala war noch lesbar. Und seit Orkan Kyrill gibt es eine Schneise in dem Wäldchen, so dass Forscher von der Sternwarte aus wieder einen freien Blick zum inzwischen restaurierten Meridianstein haben. Das gibt es an keiner anderen Sternwarte in Deutschland.

Allerdings darf das Türmchen – ebenso wie das darunter liegende Planetarium – seit 2007 aus Brandschutzgründen nur noch selten betreten werden. Wenn Schrimpf mit seinen Studierenden den Himmel beobachtet, geht er auf den großen Balkon des Uni-Instituts für Physik und zur Kirchhainer Volkssternwarte. Ohnehin findet die stundenlange Beobachtung der Sterne heutzutage vor allem am Computer statt. Wenn die Instrumente für die Messreihen eingestellt sind, darf eigentlich niemand mehr daran rühren, sagt Schrimpf. Als Hessens einziger Professor für Astronomie beschäftigt er sich vor allem mit den zeitlichen Veränderungen am Sternenhimmel.

Bei Campus Marburg können die Besucher allerdings wie früher durch die Teleskope schauen. Sie können den Meridianstein sogar mit bloßem Auge erkennen. Er wird nämlich eigens für diesen Tag angestrahlt.

Info
Die Sternwarte ist während des Tages des Offenen Denkmals am 11. September in der Zeit von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Da nur je zehn Menschen auf die Sternwarte steigen können, wird eine Anmeldung empfohlen (Tel. 06421-2821315, andreas.schrimpf[at]physik.uni-marburg.de). Besichtigungen der Physikalischen Sammlung mit mechanischen Geräten der Physik und Astrononmie des 17. Jahrhunderts sind auf Anfrage jederzeit möglich. Den Meridianstein kann man mit Hilfe eines Faltblattes finden, das im Tourismusbüro erhältlich ist (Tel. 06421-99120).

Gesa Coordes

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