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Thema der Woche | 2. April 2015

Versunkene Schiffe auf dem Grund des Meeres

Nautische Archäologie in Marburg ist bundesweit einmalig – Foto: H. Özdas

Zwei Schiffswracks hat das Team des Marburger Archäologieprofessors Winfried Held schon im Roten Meer aufgespürt. An der saudi-arabischen Küste nördlich von der Hafenstadt Djidda wurden die Überreste entdeckt, darunter Amphoren und Mahlsteine. Es handelt sich um römische Schiffe, die – vermutlich im vierten und siebten Jahrhundert nach Christus – an Korallenriffs in der Nähe eines natürlichen Hafens zerschellten. "Die antike Seefahrt im Roten Meer ist bis heute kaum erforscht", sagt Winfried Held. Gemeinsam mit saudischen Experten untersucht und dokumentiert er einen 200 Kilometer langen Küstenstreifen. Die nächste Tauchkampagne ist ab Ende Februar geplant.

Der passionierte Segler hat einen ungewöhnlichen Schwerpunkt an der Philipps-Universität aufgebaut: Marburg ist der einzige Standort in Deutschland, an dem die Fachrichtung Nautische Archäologie gelehrt wird. "Alles, was kulturell in der Antike stattfindet, ist ohne die Seefahrt nicht vorstellbar", erklärt Held, der selbst nicht taucht und sich vor allem für antike Häfen interessiert. Glas und Wein wurden nach Osten transportiert, Gewürze und Seide nach Westen. Aber auch Ideen und das Alphabet verbreiteten sich über die Meere. Besonders aufschlussreich sind Schiffswracks, deren Ausgrabung viel komplizierter und aufwändiger ist als eine Grabung an Land.

Unterwasser-Exkursion – Foto: H. Özdas

Bereits 2010 lockte Held den amerikanischen Unterwasser­archäologen Ralph K. Pedersen, den er noch aus der gemeinsamen Zeit als Gastprofessor in Beirut kennt. Pedersen gehörte zu den Forschern, die an der Ausgrabung des berühmten bronzezeitlichen Schiffswracks von Uluburun vor der Südwestküste der Türkei beteiligt waren. Für zweieinhalb Jahre kam er als DAAD-Gastdozent an die Philipps-Universität, reiste in einer gemeinsamen Expedition mit Held in die Türkei und untersuchte die Lahn in der Hoffnung auf mittelalterliche Funde. Die Studierenden lernten, wie man unter Wasser nach Dingen tastet, sie abmisst und fotografiert. In der Lahn fanden sich jedoch vor allem alte Fahrräder, Einkaufswagen und Kreditkarten – und ein paar Keramiken aus dem 19. Jahrhundert. Allerdings war die Sicht in dem Fluss auch viel schlechter als an der Mittelmeerküste.

Inzwischen haben bereits fünf Marburger Studenten eine Ausbildung als Forschungstaucher gemacht. Größtenteils vom DAAD finanziert, gibt es aktuell einen Gastlehrstuhl, für den jedes Semester ein anderer Dozent gewonnen wird, um den Studierenden antike und mittelalterliche Seefahrt nahezubringen. Nach dem britischen Spezialisten für das Schiffswesen des Römischen Reichs, Prof. Boris Rankow, lehrt nun der stellvertretende Direktor des Instituts für Meereswissenschaften der Universität Izmir, Harun Özdas, in Marburg. Er untersucht die archäologischen Funde an der türkischen Mittelmeerküste und hat im Sommer eines der ältesten Schiffswracks aufgespürt, die je im Mittelmeer gefunden wurden. Dort wurden bereits Amphoren und Töpferwaren dokumentiert. Ob sich auch Teile des einst hölzernen Rumpfs und weitere Schätze erhalten haben, müssen zukünftige Grabungen zeigen. Um Gold und Silber geht es den Forschern allerdings nicht, wenngleich Özdas vor Jahren 500 Silbermünzen aus dem 13. Jahrhundert vor der Südküste der Türkei fand, die vermutlich von Kreuzfahrern stammen und an ein Museum gingen. "Unser Schatz ist das Wissen über die Antike", erklärt Held.

Für die Semesterferien plant Özdas eine Unterwasser-Exkursion mit Marburger Studierenden an der türkischen Westküste, wo bereits bekannte Wracks untersucht werden sollen. Im Sommer gibt Held einen Segelkurs für Archäologen. Die angehenden Unterwasser­forscher sollen auf diese Weise besser verstehen, wie antike Seefahrt funktioniert.

Tauchunfall beeinflusste Archäologie
"Nautische Archäologie ist ein Thema, das an deutschen Universitäten nicht vorkommt", sagt Winfried Held. Dass dies so ist, hängt mit einem tödlichen Tauch­unfall zusammen. 1969 kam der deutsche Pionier der Unterwasser­archäologie Helmut Schläger bei einem Tauchunfall vor der italienischen Insel Lipari ums Leben. Die deutschen Archäologen stellten daraufhin ihre Forschungen ein.
gec

Gesa Coordes

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