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Express Online: Thema der Woche | 21. Juli 2011

Paradiesische Piste

Lahntal Total 2011: Mit Muskelkraft das obere Lahntal entdecken beim autofreien Sonntag zwischen Marburg und Feudingen

Am Sonntag, dem 24. Juli ist es wieder soweit. Die Bundesstraße 62 – eine der großen Verkehrsachsen in der Region – ist auf über 50 km Länge für den motorisierten Verkehr gesperrt und verwandelt sich so in eine paradiesische Piste für Radler, Inline-Skater & Co.

Um gleich sechs Kilometer ist in 2011 die Lahntal-Total-Strecke angewachsen. Stolze 56 km Gesamtlänge misst die grenzüberschreitende Strecke zwischen Nordrhein-Westfalen und Hessen nun und reicht erstmals bis nach Marburg hinein. Der Löwenanteil verläuft auf der ansonsten stark befahrenen B 62, und so steht den Radlern, Inlinefahrern und Spaziergängern zwischen Feudingen und der Universitätsstadt ein regelrechter "Highway" zur Verfügung. Bis 18.00 Uhr herrscht freie Fahrt von Feudingen über Saßmannshausen, Bad Laasphe, Biedenkopf, Eckelshausen, Buchenau, Sterzhausen, Goßfelden, Sarnau, Cölbe sowie durch den Kaufpark Wehrda bis in den Afföller. Rund 100.000 Ausflügler nutzten allein im vergangenen Jahr die Gelegenheit, das romantische obere Lahntal per Muskelkraft zu entdecken.

Die Strecke selbst wird unterschiedlichsten Ansprüchen gerecht. Die Familie auf der Sonntagstour kommt ebenso auf ihre Kosten wie der geübte Sportradler. Und wer nur Teilstrecken zurücklegen möchte: Lahntal Total steht auch für Radeln mit Bahnbegleitung. Die parallel verlaufende Obere Lahntalbahn macht's möglich. Mit erweitertem Fahrplan- und Zugangebot sorgt sie für ungetrübte Radelfreuden.

Neben dem üppigen Platzangebot auf der Bundesstraße tragen auch das Unterhaltungsprogramm und die kulinarischen Leckereien rechts und links der Lenkstange zu einer gelungenen Landpartie bei – So manche Ortsdurchfahrt wird zur Unterhaltungsmeile, in der wegen des großen Andrangs das Rad geschoben werden muss ...

Auf dem alten Gaswerk-Gelände im Marburger Afföller erfolgt am Sonntag um 10.30 Uhr der offizelle Startschuss für den diesjährigen Fahrradspaß. Hier wird übrigens während des ganzen Tages ein buntes Programm für Groß und Klein aus Musik, Show und Informationsständen geboten. Musikalische Highlights sind u.a. die Samba-Gruppe "Bloco Baiano" und die Rock'n'Roller von den "Boptown Cats".

Unterhaltung gibt es auch in Cölbe: Das Kinderprogramm reicht vom Karussell bis zur Hüpfburg und die kulinarischen Schmankerl von Steaks und Würstchen über leichte Radlerkost bis zu Kaffee und Kuchen – alles begleitet von Livemusik.

In den Ortsteilen Goßfelden, Sterzhausen und Brungershausen der Gemeinde Lahntal erwarten die Radler ebenso Unterhaltung und Köstlichkeiten. Besinnliche Einkehr verspricht der schon traditionelle Open-Air-Gottesdienst mitten auf der B 62 um 10.00 Uhr in Sterzhausen.

An drei Standorten werden in der Gemeinde Dautphetal die Radler verwöhnt: In Buchenau am HelpCenter und am Sportheim, am Abzweig Carlshütte und am Parkplatz am Böttig bei Friedensdorf. In Biedenkopf findet u.a. ein Straßenmusikerfestival statt, unddie Besucher können sich hier über den Trend Elektrofahrräder informieren. Pedelec heißt das Zauberwort, gebildet aus "Pedal Electric Cycle", und meint Hybrid-Räder, die mit Muskelkraft und Elektromotor den Fahrspaß in der Natur erleichtern. Mittlerweile sorgen sieben Verleihstationen verteilt über ganz Marburg-Biedenkopf für entspannten Radelspaß "mit eingebautem Rückenwind".

Wir haben in den vergangenen Jahren festgestellt, dass zu 'Lahntal Total' zunehmend mehr Teilnehmer aus dem Rhein-Main-Gebiet kommen, die über Marburg mit dem Zug anreisen", so die Landräte Robert Fischbach und Paul Breuer von den mitveranstaltenden Landkreisen Marburg-Biedenkopf und Siegen-Wittgenstein zu den touristischen Impulsen. "Es wird deutlich, dass wir mit 'Lahntal Total' ein Freizeitereignis mit einem hohen Erlebniswert geschaffen haben."

Auch wenn keine Autos auf den Straßen sind, gilt natürlich dennoch die Straßenverkehrsordnung, also zum Beispiel das Rechtsfahrgebot, betonen die Landräte mit Blick auf Erfahrungen aus den vergangenen Jahren: Gerade in Kreisverkehren sei es zuweilen zu kritischen Situationen gekommen, wenn Radfahrer einfach mal linksherum durch den Kreisverkehr gefahren sind. "Hier appellieren wir an die Einsicht und die Vernunft aller Teilnehmer: Beachten Sie die Straßenverkehrsordnung, damit niemand zu Schaden kommt und der Radfahrspaß bei 'Lahntal Total' ganz im Mittelpunkt steht."

Mehr Infos unter www.autofreier-sonntag.de

pe/MiA

Express Online: Thema der Woche | 21. Juli 2011

"Überwältigende Zivilcourage"

Rechtsextreme im Abseits: Tausende Gießener protestieren gegen NPD-Aufmarsch

Es war ein kläglicher Aufmarsch: gerade mal 135 Teilnehmer hatte die rechtsextreme NPD für ihre seit neun Monaten angekündigte Demonstration in Gießen mobilisieren können. Während in der Innenstadt aus Protest gegen den rechten Aufzug tausende Gießener unter dem Motto "Gießen bleibt bunt" ein friedliches, internationales Fest feierten, zog der kleine Trupp der meist in schwarz gekleideten und überwiegend glatzköpfigen Rechten am vergangenen Samstag durch weitgehend menschenleere Straßen im Westen der Stadt. Freilich unter ständiger Beobachtung von großen Polizeieinheiten: Zwei Polizeihubschrauber kreisten über der Innenstadt, ein massives Aufgebot von Polizisten, schätzungsweise 3000, genaue Angaben zur Zahl der Einsatzkräfte machte die Polizei nicht, verhinderten ein Aufeinandertreffen von rechten und linken Demonstranten.

Die Bilanz des Samstags aus Sicht der Oberbürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz (SPD): Als ein beeindruckendes und anrührendes Bild für die "überwältigende Zivilcourage unserer Stadtgesellschaft im Einsatz für Toleranz, Menschlichkeit und Demokratie" würdigte die OB die Aktionen von "Gießen bleibt bunt" gegen den Aufmarsch der NPD.

Das Aktionsbündnis "Gießen bleibt bunt", dem sich mehr als 200 Organisationen und Gruppierungen angeschlossen hatten, habe es zusammen mit den überwiegend friedlich protestierenden Gegendemonstranten geschafft, zu zeigen, dass in Gießen kein Platz für Nazis sei. Grabe-Bolz: "Das ist ein einzigartiger Erfolg. Auch wenn wir leider keine rechtsstaatlichen Mittel haben, um uns gegen den Aufmarsch der Rechtsextremisten zu wehren, so haben wir alle in einem großen gesellschaftlichen Konsens gezeigt, dass wir mit dumpfen, menschenverachtenden Parolen nichts zu tun haben und dass wir sie auch nicht dulden werden. Ich hoffe dennoch, dass ein neuerliches Verbotsverfahren gegen die NPD angestrengt wird und dass wir diesen braunen Mob nicht mehr sehen müssen."

Von Gießen gehe eine gute Botschaft aus: "Es lohnt sich, sich nicht im Streit um Mittel und Wege, wie man die Rechten bekämpft, auseinanderdividieren zu lassen. Gießen hat nicht weggeschaut. Gießen ist nicht aus Angst vor Gewalt zu Hause geblieben. Gießen hat Flagge gezeigt. Gießen ist und bleibt bunt – auch in den Protestformen. Ein Fest zu feiern, sich dabei seiner eigenen Vergangenheit zu erinnern, Transparente durch die Stadt zu tragen und auch laut zu protestieren, wenn Ewiggestrige unsere Stadt braun einfärben wollen – das gehört zusammen. Das alles ist Gießen. Und das ist der großartige gesellschaftliche Konsens, den diese Stadt atmet und den wir heute verspürt haben."

Erleichtert zeigte sich die Oberbürgermeisterin darüber, dass es nicht zu Gewalteskalationen zwischen rechten Extremisten und gewaltbereiten Menschen aus dem autonomen Spektrum gekommen war. Bis auf wenige, noch zu klärende Zwischenfälle sei eine befürchtete Eskalation ausgeblieben, gleichwohl seien die Beschädigungen in der Licher Straße zu bedauern.

Insgesamt sei diese positive Bilanz des Tages auch dem besonnenen Vorgehen der Polizei zu verdanken, sagte die OB. Nach all dem, was sie gehört und gesehen habe, habe die Polizei das Ziel, das Zusammentreffen der Demonstranten und damit mögliche Gewalt zu verhindern, mit Augenmaß und Verhältnismäßigkeit erreicht. Ebenso wie den friedlichen Gegendemonstranten und den vielen Beteiligten und Besucherinnen und Besuchern des Anti-Nazi-Innenstadt-Festes sei es ihnen zu verdanken, dass Gießen bewiesen habe: "Gießen ist und bleibt bunt! Gießen ist und bleibt nazifrei!"

Die scharfe Kritik des Bündnisses "Gießen bleibt nazifrei", dass im Vorfeld zur Blockade des Neonazi-Aufmarschs aufgerufen hatte, blieb von städtischer Seite unkommentiert. Das Bündnis hatte der Stadt vorgeworfen, dass der Neonazi-Demo keine großen Hürden in den Weg gelegt worden seien. "Die Nazis werden sich wenig dafür interessieren, ob Bürger der Stadt Gießen in der Innenstadt gefeiert haben. Sie messen ihren Erfolg daran, ob sie aufmarschieren konnten, oder nicht", sagte Frank Morgen, Sprecher von "Gießen bleibt nazifrei".

kro/pe

Express Online: Thema der Woche | 21. Juli 2011

Recherchen gegen Rechts

Buch über die NPD: Ergebnis eines Seminars für Lehramtsstudierende

Aus Anlass der NPD-Demonstration am 16. Juli in Gießen hat die Gießener Politikwissenschaftlerin Dr. Alexandra Kurth das Buch "Die NPD. Fakten – Hintergründe – Kritik" herausgegeben. Die Aufsätze des Bandes sind im Sommersemester 2011 im Rahmen eines universitären Seminars für Lehramtsstudierende entstanden. In Gießen hatte sich gegen die NPD-Demonstration ein breiter zivilgesellschaftlicher Protest organisiert.

Aufgrund des aktuellen Anlasses wurde das vorgesehene Thema "Schule und Rechtsextremismus" modifiziert und spezifiziert, aus einer "gewöhnlichen " universitären Lehrveranstaltung wurde ein Projektseminar, das das ohnehin knappe Zeitbudget der Studierenden wie auch der Seminarleiterin weit über das übliche Maß hinaus beanspruchte. Das ist keine Selbstverständlichkeit, erst recht nicht vor dem Hintergrund, dass es sich bei dem Seminar um eine grundwissenschaftliche Veranstaltung handelte. Damit waren nicht nur Studierende des Unterrichtsfaches "Politik und Wirtschaft" beteiligt.

Die Verpflichtung aller Lehramtsstudierenden (ganz unabhängig von der eigenen Fächerkombination), Politikwissenschaft als Grundwissenschaft zu studieren, stellt eine Besonderheit der hessischen Lehramtsausbildung dar und ist eine Konsequenz aus der historischen Erfahrung des Scheiterns der Weimarer Demokratie und der ungeheuerlichen Verbrechen des Nationalsozialismus. Die Themenauswahl orientierte sich am Erkenntnisinteresse der beteiligten Studierenden, alle Texte eint die entschiedene Parteilichkeit für die bundesrepublikanische Demokratie mit dem Grundgesetz als Norm und damit die Ablehnung des Demonstrations-Mottos "Das System ist am Ende – Wir sind die Wende."

Florian Harbig und Christian Schneider vergleichen die Programmatik der NSDAP mit der der NPD, Nicolai Fritzsche und Lara Wirth das Menschenbild der NPD mit dem des Grundgesetzes. Katharina Huft und Juliana Ostrowizki verweisen auf die Unvereinbarkeit der ausländerpolitischen Forderungen der NPD mit den Grundrechten. Alexandra Hofmann, Marius Hummizsch und Sebastian Rachor interpretieren die Globalisierungskritik der NPD als "Spiel mit den Ängsten" von Teilen der Bevölkerung. Mirjam Elett und Jasmin Kropp setzen sich mit der Finanzierung der NPD, insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten Finanzskandale der Partei, auseinander. Eileen Kirsten und Carmen Mittelstädt beschreiben das "Scheitern des NPD-Verbotsverfahrens", das 2003 seitens des Bundesverfassungsgerichts nicht aus inhaltlichen, sondern aufgrund der sogenannten V-Mann-Affäre aus formalen Gründen eingestellt werden musste.

Marcus Ahlheim und Reinhold Tissen zeigen, wie die NPD soziale Netzwerke im Internet strategisch zu nutzen versucht, Michael Schwesinger beschreibt das Interesse der NPD an Ehrenämtern im Sport, André Goldberg befasst sich mit dem Thema Rechtsrock. Isabelle Fischer und Katharina Schäfer thematisieren die 2010 beschlossene, aber bislang aus rechtlichen Gründen noch nicht vollzogene Fusion von NPD und Deutscher Volksunion (DVU). Tobias Schmidt analysiert "Organisation und Auftreten" der JN. Andreas Bork, Nadine Müller und Margarita Schmidt stellen die Beziehungen von Autonomen Nationalisten (AN) und NPD dar. Anna Damköhler und Katharina Völlinger stellen die wichtigsten Symboliken innerhalb der rechtsextremen Szene vor.

Alexandra Kurth erläutert, warum es in der Regel sinnlos ist, NPD-Demonstrationen verbieten zu wollen. Leo Johannes Freund, Lena Hoffmann, Cinderella Krämer, Melanie Lohberger, Mario Schappert und Moritz Schmandt haben eine Chronik der NPD, Ausstiegsmöglichkeiten aus der rechtsextremen Szene, eine kommentierte Internetlinks-Liste und eine Auswahlbibliografie zum Weiterlesen erstellt.

Infos zum Buch: www.nbkk.de

pe

Tipp des Tages

Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein

Foto: Arte
"Werde nicht wie alle, die du nicht sein willst" ist das Lebensmotto des zwölfjährigen Paul Silberstein, der mit seiner wohlständigen Familie im Wien der späten 50er Jahre lebt. Doch Paul will so gar nicht in das steife Bild eines Jungen aus besserem Hause passen.
Fr 5.2. | 20.15 Uhr | TV | Arte
 
Tipp der Woche

Guardians of the Galaxy

Foto: Vox
Peter "Star-Lord" Quill ist ein Weltraumbandit. Er tut sich mit den Kopfgeldjägern Rocket und Groot sowie der rätselhaften Gamora und dem rachgierigen Drax zusammen, um das Universum zu beschützen.
Do 11.2. | 20.15 Uhr | TV | Vox
 
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